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Artikel 1
Glück
- Erfolg - Beziehung
von Eckhard Block
Es ist so einfach, glücklich zu sein
und Erfolg zu haben. Doch alles Glück und jeder Erfolg fallen wenig ins
Gewicht ohne einen liebevollen Partner mit gemeinsamen Zielen.
Entscheidend für Glück
und Erfolg zu zweit sind zwei Faktoren:
1. Die gemeinsamen Ziele bestimmen; sich entscheiden.
2. Den Weg gemeinsam gehen; handeln.
Hier müssen wir wissen, daß internale Repräsentation und physiologische Vorgänge
unseren Zustand verursachen.
Internale Repräsentation:
Was wir uns in unserem Inneren an Bildern vorstellen
und wie wir uns diese Bilder vorstellen.
Was wir innerlich sagen, was wir denken und hören und wie wir es innerlich
sagen, denken und hören.
Physiologische Vorgänge:
Körperhaltung, Atmung und biochemische Abläufe. Anspannung
und Entspannung der Muskeln.
Unser Verhalten ist das Ergebnis des Zustandes, in dem wir uns gerade befinden.
Wie wir uns in einem bestimmten Zustand verhalten, hängt von den Modellen ab,
die wir von der Welt haben, das heißt, von den Verhaltensmustern, die wir akzeptiert
und gespeichert haben.
Nichts an sich ist gut oder schlecht auf der Welt. Alles wird erst durch unsere
Bewertung gut oder schlecht, bedeutungsvoll oder bedeutungslos, glücklichmachend
oder schmerzend. Wir können alles auf eine Weise repräsentieren, die uns in
einen positiven Zustand versetzt oder wir können genau das Gegenteil tun. Egal
wie schrecklich eine Situation ist, wir können sie immer in einer Weise repräsentieren,
die uns Kraft gibt.
Jeder von uns kann sich vorstellen, wie etwas nicht funktioniert oder wie uns
etwas weh tut, und sich so in einen Zustand des Schmerzes, der Depression oder
des Zornes versetzen. Jeder von uns kann sich aber ebenso vorstellen, wie etwas
gut funktioniert und wie etwas herrlich ist, und sich so in einen Zustand des
Glücks und der Freude versetzen.
Wir selbst sind nicht unser Verhalten. Wir verursachen lediglich unser Verhalten
durch die Art und Weise, wie wir eine Situation repräsentieren; negativ oder
positiv. Konzentrieren Sie sich immer nur auf das, was Sie wollen - niemals
auf das, was Sie nicht wollen.
Denken Sie immer daran - wir haben jederzeit die Wahl, wie wir etwas repräsentieren
- negativ oder positiv. Wenn wir wütend sind, eifersüchtig, traurig, bedrückt
oder depressiv, dann sind wir es selbst, die diesen Zustand verursachen. Wenn
wir glücklich sind, freudig strahlend oder himmelhoch jauchzend, dann sind
wir es ebenso selbst, die diesen Zustand verursachen.
Ob Sie glauben, daß Sie etwas tun können oder ob Sie glauben, daß Sie etwas
nicht tun können - Sie werden immer recht behalten. Denn mit dem, was Sie glauben,
senden Sie stetig Botschaften an Ihr Nervensystem, die letztlich das entsprechende
Ergebnis erzielen. Wenn Sie traurig sind, wollen Sie traurig sein und haben
die entsprechende Botschaft an Ihr Nervensystem gesandt (entsprechendes gedacht)
und waren entsprechend erfolgreich. Wenn Sie sagen, ich kann das nicht, senden
Sie die entsprechende Botschaft an Ihr Nervensystem und erzielen das entsprechende
Ergebnis und sind entsprechend erfolgreich; Sie können es dann wirklich nicht.
Entscheidend für jeden Erfolg, jedes Resultat also, ist immer der Glaube; das,
was wir dem Nervensystem unmittelbar signalisieren. Unser Gehirn tut nur das,
was wir ihm sagen. Glauben wir an eine Genesung, so wird sich das Gehirn bemühen,
die Genesung zu realisieren. Glaube ist eine internale Repräsentation, ein
Zustand, der unser Verhalten bestimmt. Glauben wir an Erfolg, so wird dieser
innere Zustand unser Verhalten entsprechend bestimmen. Sie können einen Glauben
wählen, der Sie einschränkt oder Sie entscheiden sich für einen Glauben, der
Sie unterstützt. Der Glaube ist das Tor zu jeder Leistung. Wir können es, weil
wir glauben, daß wir es können.
Haben Sie irgendwann in Ihrem Leben einmal Erfolg gehabt der Ihnen gefiel,
so erinnern Sie sich bei jedem Vorhaben kurz an diesen Erfolg um sich so einen
inneren Erfolgszustand zu schaffen, der Ihr entsprechendes Handeln unmittelbar
bestimmt. Sie schaffen sich in Ihrer Vorstellung die Welt, die Sie möchten,
um so Ihr Handeln zu bestimmen. Was immer Sie für ein Ziel haben, wenn Sie
sich eine klare Vorstellung machen, was Sie wollen, und zwar so, als hätten
Sie es bereits erreicht, dann werden Sie sich in einen Zustand versetzen, der
Ihnen hilft, das gewünschte Ziel zu erreichen.
Jeder kann sein Leben gezielt steuern. Jeder kann sich verändern. Glaubenssysteme
sind genauso veränderbar, wie der Haarschnitt oder die Beziehung zum Partner.
Wenn Sie Erfolg wählen, werden
Sie erfolgreich sein.
Wählen
Sie Trübsal, so erhalten Sie Trübsal.
Wählen Sie Glück, so erhalten Sie Glück.
Wenn Sie und Ihr Partner gemeinsame Ziele wählen, werden Sie gemeinsame Ziele
erreichen.
Der Weg zum Erfolg
besteht darin, ein Ziel zu erkennen, zu handeln, das daraus
folgende Feedback (Resultat) zu erkennen und das eigene
bzw. das gemeinsame Verhalten so oft zu ändern, bis sich
der Erfolg einstellt. Das gleiche gilt für Glaubenssätze.
Sie müssen den Glaubenssatz finden, der Ihr Ziel unterstützt,
der Sie dort hinbringt, wo Sie hin wollen. Wenn Ihre Glaubenssätze
das nicht leisten, müssen Sie diese loslassen und sich
für neue entscheiden. Wir wissen nie, wie die Welt wirklich
ist. Genauso wenig wissen wir, ob unser Glaube richtig
ist oder falsch. Was wir aber wissen können ist, wie und
ob unser Glaube funktioniert, ob er unser Leben unterstützt
und bereichert oder ob er unser Leben reduziert und Leid
schafft.
Jede Wirkung hat eine Ursache. Alles im Leben geschieht demzufolge aus einem
bestimmten Grund und kann für uns von Nutzen sein, vorausgesetzt, wir haben
uns für die entsprechende Einstellung entschieden. Es gibt keinen "Mißerfolg" -
es gibt nur Resultate, Ergebnisse, also "Erfolge".
Investieren Sie nie unangenehme Gefühle wie z. B. Traurigkeit, Hass oder Enttäuschung
in etwas, das nicht funktioniert; weder im Berufsleben noch im Privatleben
und schon gar nicht in einer Partnerschaft. Investieren Sie nur angenehme Gefühle
um gemeinsam erfolgreich und glücklich zu sein.
Wenn Sie zu viel wiegen, so ist Ihr Übergewicht der Erfolg, das Resultat Ihres
Verhaltens (zu viel Nahrung - dickmachende Nahrung - zu wenig Bewegung - etc.).
Da Sie nun wissen, daß Sie dieses Resultat, Ihr Übergewicht, durch Ihr Verhalten
erreicht haben, wissen Sie auch, daß Sie ein anderes Resultat erreichen werden,
wenn Sie Ihr Verhalten ändern. Der Erfolg ist Ihnen immer sicher, egal wie
Sie sich verhalten. Und genauso ergeht es Ihnen in einer Partnerschaft - hier
ist es egal, ob Sie verheiratet sind, ob Sie in einer festen Beziehung oder
in einer lockeren Beziehung leben. Wenn Sie unzufrieden sind, so ist Ihre Unzufriedenheit
der Erfolg, das Resultat, Ihres Verhaltens und das Ihres Partners (Misstrauen,
Fremdgehen, Eifersucht, Lügen, Gleichgültigkeit, etc.). Da Sie nun Wissen,
daß Sie dieses Resultat, Ihre Unzufriedenheit und eventuell Ihre daraus resultierenden
Gedanken an eine Beendigung der Beziehung, durch Ihr gemeinsames Verhalten
erreicht haben, wissen Sie auch, daß Sie ein anderes Resultat erreichen werden,
wenn Sie gemeinsam Ihr Verhalten und das Ihres Partners ändern. Wie gesagt,
der Erfolg ist Ihnen immer sicher. Egal wie Sie sich verhalten.
Die Furcht vor dem Versagen stellt die größte Einschränkung für alle Menschen
dar. Was würden Sie alles versuchen, wenn Sie wüßten, daß Sie in jedem Fall
Erfolg hätten? Also, glauben Sie daran , daß Sie Ihre Welt tatsächlich selbst
schaffen!
Übernehmen Sie Verantwortung, wo immer Sie können und ganz besonders in einer
Beziehung. In jeder Situation, in der Sie die Verantwortung übernehmen, haben
Sie die Möglichkeit das Ergebnis das erzielt wurde wieder zu ändern; und zwar
nach Ihren Vorstellungen. Machen Sie nie jemanden für etwas verantwortlich; schon
gar nicht Ihren Partner. Machen Sie nie jemandem Vorwürfe; schon garnicht Ihrem
Partner. Übernehmen Sie die Verantwortung immer selbst, um so selbst bestimmen
zu können, wie es weitergehen soll, welches Ziel erreicht werden soll und wie
es erreicht werden soll. Und - suchen Sie nie nach Fehlern; immer nur nach Lösungen.
Jeder kann alte Erinnerungen neu arrangieren. Auch Sie. Machen Sie also aus
negativen Repräsentationen positive; arrangieren sie diese einfach neu. Kein
Ereignis hat irgendeine Macht über Sie, außer der, die Sie dem Ereignis in
Ihren Gedanken einräumen. Statt sich die schlimmste Möglichkeit vorzustellen,
können Sie sich jederzeit die angenehmste vorstellen. Statt immer wieder daran
zu denken, daß Ihr Partner fremdgeht, daß Ihr Partner Sie nicht liebt, daß Ihr
Partner unerträglich ist, haben Sie jederzeit die Möglichkeit, daran zu denken,
wie sehr Ihr Partner Sie liebt, wie groß Ihr Wert für Ihren Partner ist und
wie liebenswürdig Ihr Partner ist. Wenn Sie diese Möglichkeiten gemeinsam als
Ziel realisieren, eröffnen sich Ihnen plötzlich viele neue Wege voller gemeinsamen
Glücks, gemeinsamer Erfolge und gemeinsamer Liebe.
Der Mensch ist in jeder Hinsicht seines Glückes Schmied, aber auch seines Unglückes
Schmied. Es hängt immer nur von ihm selbst ab, von seinem Verhalten, von seinem
inneren Zustand, von seinem Glauben.
Sie wissen nun, daß Sie allein bestimmen, ob Sie glücklich sind oder unglücklich
und daß Sie immer Erfolg haben; den Erfolg ihres Handelns. Sie allein bestimmen
Ihr Handeln und so die Art Ihres Erfolges; zufriedenstellenden oder unerträglichen.
Also
- handeln Sie Ihren Zielen entsprechend - und seien Sie
glücklich!
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Artikel 2
Verliebtsein
- Liebe - Beziehung
von Eckhard
Block
Verliebtsein
ist wie ein Strohfeuer - intensiv und hochauflodernd,
aber von kurzer Dauer. Liebe hingegen ist innig und von
ewiger Dauer. Eine Beziehung ist nicht immer einfach,
aber sie ist es immer wert, sich für sie uneingeschränkt
einzusetzen - wenn man wirklich liebt.
Liebe ist eine
wunderbare Erfahrung. Aus der Perspektive des Modellierens,
also des Ordnens von Erfahrungen, ist Liebe ein Zustand,
und wird, wie alle Zustände (Ergebnisse), durch ganz
spezielle Verhaltensweisen oder Stimuli erzeugt, die
auf eine ganz bestimmte Weise wahrgenommen und repräsentiert
(innerlich dargestellt) werden.
Wie verliebt man
sich? Einer der wichtigsten Wahrnehmungsmechanismen beim
Verlieben besteht darin, sich mit dem zu assoziieren,
sich innig verbunden zu fühlen, was man bei einem Menschen
mag und sich von allem zu dissoziieren, sich abzugrenzen,
was man an ihm nicht mag. Sich zu verlieben ist deshalb
so betörend und rauschhaft, weil es nicht ausgewogen
ist. Wer verliebt ist, macht keine Liste der guten und
schlechten Eigenschaften des anderen, um zu sehen was
unter dem Strich herauskommt. Man fühlt sich mit einigen
Merkmalen des anderen, die einen begeistern, völlig verbunden.
Mann kann sich im Stadium des Verliebtseins kaum vorstellen,
daß der andere auch Fehler und Ängste haben könnte, die
einen stören oder schmerzen würden.
Was zerstört eine
Beziehung? Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.
Der entscheidende Faktor jedoch ist, daß man sich mit
den Eigenschaften des anderen, die einem anfangs gefallen
haben, nicht länger assoziiert, nicht mehr verbunden
mit ihnen fühlt, und daß man sich nun mit den unerfreulichen
Erfahrungen, die man mit dem anderen gemacht hat, assoziiert,
sich mit diesen verbunden fühlt. Man hat sich in diesem
Fall von den angenehmen Erfahrungen, die man mit dem
anderen gemacht hat, dissoziiert, man hat sich von diesen
nun ausgegrenzt.
Wie kann das geschehen?
Sie wurden vielleicht von dem anderen gekränkt. Sie meinen
vielleicht, der andere halte nicht zu Ihnen oder Sie
sehen, daß der andere regelmäßig seine Sachen auf dem
Boden verstreut liegen läßt, und Sie machen sich dann
wiederholt ein großes, lebendiges inneres Bild davon.
Vielleicht zeigt der andere Ihnen nicht mehr, daß er
sich freut, wenn Sie sich sehen. Oder Sie erinnern sich
daran, was der andere Ihnen im Streit alles verletzendes
gesagt hat und Sie wiederholen es immer und immer wieder
im Kopf und fühlen sich dann auch jedesmal wie bei dem
Streit. Weil Sie gekränkt sind, erinnern Sie sich nicht
mehr daran, wie zärtlich der andere sein kann, wie sehr
er sich trotz der verletzenden Situationen um Sie gekümmert
hat, wie er für Sie da war, wie er sich um Sie gesorgt
hat, wie Sie mit ihm gelacht haben und mit ihm rumalberten.
Es ließen sich unzählige Beispiele der schönen Situationen
nennen, meistens weitaus mehr, als negative. Es geht
nicht darum, was falsch und was richtig ist. Wir reagieren
nie falsch oder richtig. Wir reagieren lediglich so,
wie wir es wollen. Wir sollten uns nur klar machen, daß es
Repräsentationsmuster gibt, die eine Beziehung verbessern
und solche, die eine Beziehung zerstören.
Was wäre, wenn
Sie bei einem Streit plötzlich daran denken, wie Sie
sich zum ersten mal geküßt haben, wie Sie das erste mal
Hand in Hand miteinander gingen und sich zärtlich anschmiegten,
wie Sie zum ersten mal das tiefe Gefühl hatten, ewig
mit dem anderen verbunden sein zu wollen und immer für
den anderen da sein zu wollen oder wie es war, als Sie
mit dem anderen etwas ganz besonders schönes erlebten;
vielleicht sind Sie zusammen auf einen Baum geklettert,
haben Steinchen übers Wasser flitzen lassen oder sonst
irgend etwas wirklich Kindliches - aber Schönes - gemacht.
Und nun stellen Sie sich diese Bilder groß, strahlend
und ganz nah vor Ihr geistiges Auge; sehen Sie diese
Bilder - erleben Sie sie. Wie würden Sie in diesem Zustand
den anderen, den Sie ja lieben, dann wohl behandeln?
Es ist wichtig,
daß Sie sich regelmäßig fragen, in welche Richtung Sie
ihr Verhalten führt. Und ist es das, was Sie wirklich,
aus tiefstem Herzen, wollen? Warum sollten Sie erst im
nachhinein feststellen, daß Sie jemanden, den Sie innig
lieben, der Ihnen bei ehrlicher Besinnung das Wertvollste
im Leben ist, verloren haben, nur weil Sie irgendwann
anfingen, sich mit den unerfreulichen Erfahrungen zu
assoziieren und mit den vielen schönen zu dissoziieren.
Sofern noch ein Fünkchen Hoffnung für eine wirkliche
Liebe besteht, sollten Sie die Gelegenheit ergreifen.
Es lohnt sich. Wir treffen nur selten im Leben mit einem
Menschen zusammen, für den wir sterben könnten - die
meisten von uns nur einmal im Leben. Diese Liebe sollten
wir nicht leichtfertig aufgeben, nur weil wir irgendwann
damit anfingen, uns immer und immer wieder an die schmerzlichen
Erfahrungen zu erinnern. Fühlen Sie sich wieder mit den
vielen positiven Erfahrungen, die Sie miteinander hatten,
verbunden, besinnen Sie sich, erleben Sie Ihre große
Liebe erneut und zeigen Sie es dem anderen. Es lohnt
sich; oft auch noch nach einer Trennung. Tun Sie es.
Nichts im Leben ist wertvoller als eine wahre Liebe.
Sein Sie glücklich - miteinander.
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Artikel 3
Über
die Angst vor Alter und Tod
von Eckhard Block
Angst ist
grundsätzlich nicht negativ. Ganz im Gegenteil. Angst in
die richtigen Bahnen gelenkt kann der Ansporn für Dynamik
und Entwicklung im Leben eines jeden Menschen sein. Angst
ist genauso neutral wie Gut oder Böse. Erst der Standpunkt
und die Bewertung lassen Angst zum Hemmnis und zum destruktiven
Faktor oder zum Ansporn und positiven Faktor werden. Generell
neigen wir Menschen allerdings dazu, Angst als Hemmnis
und Negativfaktor zu sehen.
Wenn in der zweiten
Lebensphase des Menschen die Leistung der Sinnesorgane
nachläßt, ein Anstieg des Blutdrucks und eine Leistungsminderung
beim Herzen festzustellen ist, Veränderungen z.B. im Gehirn,
der Leber, der Bauchspeicheldrüse, dem Darm und der Niere
auftreten, so sind derartige Abnutzungsphänomene vorwiegend
durch das Ausfallen und Altern der Zellen bedingt. Das
immunologische Abwehrpotential nimmt ab dem 30. Lebensjahr
ab, in den Zellen steigt die Häufigkeit der Fehler bei
der Eiweiß-Synthese, im Gewebe werden die fehlmutierten
Zellen nicht mehr ausreichend ausgesondert, sie häufen
sich und das ruft Funktionsstöungen hervor. Innerhalb der
Zellen nimmt die Menge der Körner des Alterspigments Lipofuscin
zu, außerhalb der Zellen denaturieren die Kollagen-Fibrillen
des Bindegewebes, der Knochen und der Zähne, und Einschränkungen
in der Durchlässigkeit der Grenzmembranen der Zellen führen
zu Funktionseinbußen.
Altern ist ein Prozeß,
bei dem fortlaufend eine allgemeine biologische Abnahme
der Vitalität, eine Verringerung der physischen Leistungsfähigkeit
und eine fortschreitende Schwächung der geistigen Potenz
vor sich geht. Da aber auch der Hormonhaushalt betroffen
ist, stellen sich auch Veränderungen der allgemeinen Mentalität
und der Gemütslage ein.
Die hormonale Umstellung
bei Mann und Frau leitet den allmählichen Übergang zur
zweiten Lebensphase ein. Das Bewußtsein, in den letzten
Lebensabschnitt einzutreten, verbunden mit dem nun eintretenden
biologischen Leistungsabfall, zu dem auch das Nachlassen
der generativen Potenz gehört, kann allzu leicht zur Verminderung
der Selbstsicherheit, zum Entstehen von Komplexen und Krisen
und zur Beeinträchtigung des Selbstwertgefühles führen.
Die zweite Lebensphase als negative Endphase zu verstehen
führt in Verbindung mit dem allmählichen biologischen Abbau
zwangsweise zu seelischen Belastungen, die je nach Temperament
des betroffenen Menschen, in Frustration, Resignation,
Verbittertsein, ohnmächtige Agression, cholerische Affektausbrüche,
Depressionen oder selbstgewählte Isolation (nur noch Allein-sein-wollen)
einmünden.
Vor allem aber ruft
das Gefühl, es gehe jetzt abwärts, einen übersteigerten
Drang nach Sicherung des Erreichten, ein krampfhaftes Bemühen
entgleitendes festhalten zu wollen (z.B. Jugendlichkeit),
oder das extreme Verlangen sich selbst betonen bzw. sich
selbst finden zu wollen hervor.
Die innere Abwehr
gegen Abnutzungserscheinungen, Beeinträchtigung der Körperfunktionen,
Absinken des Vitalitätsgrades, allgemeinen Leistungsabfall
und Näherrücken des Lebensendes und der damit verbundenen
Angst vor dem Ungewissen danach ist es, die zu den o.g.
psychischen Komplikationen und somit zu verminderter Lebensqualität
führt. Hier hilft ausschließlich die Annahme des Alters
in dem freudigen Bewußtsein der eigenen Qualitäten und
Fähigkeiten und der Erkenntnis der eigenen Werte.
Der Abschluß der
zweiten Lebensphase, der verringerten Anpassungs-, Leistungs-
und Widerstandsfähigkeit, ist der Tod - ein Ereignis, das
nicht nur beim Menschen situationsbezogene bzw. zukunftsbezogene
Furcht auslöst, sondern auch beim höher entwickelten Tier.
Bei der Angst vor dem Tod handelt es sich um ein Instinkt-
und Verhaltenskomplex, dessen Grundelemente angeboren sind,
weil sie der Erhaltung der Spezies dienen. Als "Sterbenmüssen" bedroht
der Tod alle mehrzelligen Organismen und deren Keimbahnen
(Erbgut) und damit die Art. Die Art kann aber nur erhalten
bleiben, wenn eine ausreichende Anzahl von Individuen lange
genug lebt, um die Keimbahnen an die nächste Generation
weiterzugeben. Alles was das Sterben daher verhindert oder
auch nur ein wenig hinauszögert, fördert daher die Art
im Kampf ums Dasein. Dieses Sterben zunächst zu verhindern,
ist die Hauptfunktion der Angst und der aus ihr resultierenden
Varianten des Meide-, Flucht- oder Verteidugungsverhaltens
bei Mensch und Tier.
Doch Leben ohne Tod
ist undenkbar. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.
Das Wissen um die Begrenzung des Lebens und der damit verbundenen
Einsicht, daß der Tod eine sinnvolle Notwendigkeit ist,
macht den vollwertigen Menschen aus; den weisen, gütigen,
verständnisvollen, liebenden, konstruktiven und liebenswerten
Menschen. Hier gilt es also die angeborene Angst mit Hilfe
des menschlichen Intellekts zu verstehen, zu akzeptieren
und sich entsprechend entwicklungsfördernd zu verhalten,
um so der eigenen Art zu dienen und die eigene individuelle
Lebensqualität positiv zu gestalten. Der Tod des Individuums
ist für die Art lebensnotwendig; er ist für das Individuum
unausweichlich. Die Lebensqualität jedoch hängt hiervon
nicht ab. Sie hängt jedoch zumindest teilweise von der
Einstellung zum Tod ab. Will ich mich stets vor dem Tod
in seiner Unausweichlichkeit fürchten, ihn nicht akzeptieren
und mich mit all den daraus resutierenden Problemen weigern, älter
zu werden, und so meine Lebensqualität Tag für Tag mindern?
Oder will ich den Tod in seiner konstruktiven Notwendigkeit
annehmen um meiner Art freudig ein positives Überleben
zu gewähren und die Gegenwart in vollen Zügen genießen,
um so meine Lebensqualität zu verbessern und meinem Leben
einen artgerechten Sinn zu geben?
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Artikel 4
Glaubensformen
von Eckhard Block
Grundsätzliches zu Religionen:
Das lateinische Wort Religion stellt eine zusammenfassende Bezeichnung für
eine Fülle historischer Erscheinungen dar, denen ein spezifischer Bezug
zwischen dem überweltlichen, transzendenten, jenseitigen Heiligen in personaler
Gestalt einer oder mehrerer Gottheiten und den Menschen in einer deren Verhalten
normativ (regelnd, anweisend) bestimmenden Weise zugrunde liegt. Religion kann
zweifach gedeutet werden; als sorgfältige Beachtung des Kults (lat. religere
- sorgsam beachten) und/oder als Verbindung des Menschen mit Gott (lat. religare
- binden, wieder verbinden). Mit der Gottheit als Zentrum jeder Religion ist
das Offenbarungserlebnis des Bringers (Gründers) verknüpft. Dieses
gilt für alle Religionen wie auch für Sekten und jede vorchristliche
Glaubensform bzw. Anbetungsform (Götzendienste, etc.). Zum religiösen
Leben gehören Gottesfurcht (Götterfurcht) und Dienst für Gott
(Dienst für Götter). Der Inhalt einer Offenbarung bezieht sich auf
das Gottesbild (Götterbilder), Geschichtsschau, Jenseitsglauben, Grundsatz
für einen neuen Heilsweg und die damit verbundenen ethischen Forderungen
und kultischen Verpflichtungen. Offenbarungen werden mündlich überliefert,
oder in "heiligen" Schriften (Büchern, Textrollen) fixiert und üblicherweise
in Dogmen kodifiziert. Dabei kommen innerhalb ein und derselben Religion unterschiedliche
Wertsetzungen vor, die in den Begriffen der Gesetzesreligion und der Gefühlsreligion
ihren Ausdruck finden. Immer jedoch besteht eine Kluft zwischen der offiziellen
Religion der Priester und den volkstümlichen Vorstellungen und Bräuchen
(Verhaltensweisen). Jeder Religion eigen ist eine die Gesellschaft strukturierende
Ordnung, die zur Organisation von Gemeinschaften, Kirchen oder Orden bis hin
zur Identifikation des Staates mit der Religion führt. Jede Religion manifestiert
sich in volksverständlichen Erscheinungsformen wie heilige Stätten,
die als Orte der Offenbarungen oder Wunder gelten und religiöse Feste,
die Gott (Götter) und Ereignisse der Offenbarung (Geschichte, Mythos,
etc.) kultisch vergegenwärtigen. Die Existenzweise des religiösen
Menschen zeigt sich in der Hingabe an die Gottheit, die unter anderem in Gebeten,
im Dank, im Opfer und in der Heiligung der wichtigsten Einschnitte im Leben
(Geburt, Hochzeit, Tod) zum Ausdruck kommt. Religion schafft menschliche Ausdrucksformen
in Sprache, Kunst, Nächstenhilfe, Wirtschaft, Recht und Staatsführung.
Die Menschheitsgeschichte weist unzweifelhaft darauf hin, daß Religion,
basierend auf Offenbarungen einzelner Individuen, stets zum Wohle wie auch
zum Schaden der Menschheit angewandt wurde.
Religionen, Sekten und alle
anderen Glaubensformen haben also Offenbarungen (Bewußtseinserweiterungen)
einzelner Individuen zum Ursprung, die zu unterschiedlichen
Zeiten, in unterschiedlichen Systemen mit unterschiedlichem
Bewußtsein lebten. Hieraus erklären sich
die unterschiedlichen Formen, Richtungen und Ansprüche
der verschiedenen Religionen, Sekten und sonstigen
Glaubensformen. Je nach Bewußtseinsstand des
Bringers, offenbarten sich diesem Formen der Liebe
oder des Leids, der Konstruktivität oder der
Zerstörung, der Nächstenhilfe oder der
Machtgelüste. Im Zuge der Entwicklung der Offenbarungen
wurden diese mit Hilfe von Jüngern, Priestern
oder Ordensbrüdern zu Systemen entwickelt die
dann im Laufe der Zeit etabliert wurden. In jedem
Fall aber ist jeder Beginn einer Religion bzw. Sekte
oder Glaubensform die Idee eines menschlichen Individuums
Wie konstruktiv oder destruktiv die verschiedenen
Formen der entwickelten Ideen bzw. Offenbarungen
etabliert und wie exakt diese praktiziert wurden,
war immer abhängig von den Charakteren der Jünger,
Priester oder Ordensbrüder.
Inhalte der verschiedenen Glaubensformen:
In zahlreichen Glaubensformen existieren die eng miteinander verknüpften
Vorstellungen von Inkarnation, Reinkarnation und Karma. Inkarnation (lat. incarnation
- Fleischwerdung) deutet auf das eingehen eines göttlichen, himmlischen
oder jenseitigen Wesens in menschliche Gestalt hin. Im christlichen Sprachgebrauch
wird hier die Fleischwerdung Gottes bzw. Jesu Christi (Joh. 1, 14) symbolisiert.
Reinkarnation (Seelenwanderung) weist auf einen Geburtenkreislauf durch wiederholte
Erdenleben hin. Wiederholte Erdenleben in verschiedenen Existenzweisen. Hier
unterscheiden die verschiedenen Glaubensformen zwischen wiederholten Erdenleben
rein menschlicher Natur und in stufenweisen Wiedergeburten in menschlicher,
tierischer und pflanzlicher Gestalt. Das klassische Land der Wiedergeburtsglaubensformen
ist Indien. Hier wird die Befreiung aus dem Geburtenkreislauf (laut Sanskrit
- Samsara) als Erlösung angesehen. Eng verbunden mit der Reinkarnation
ist das Karma (laut Sanskrit - Karman), die indische Bezeichnung für Tat
bzw. Werk. Das Fortwirken des Karma, der guten und bösen Taten des Menschen,
bestimmt dessen Schicksal im gegenwärtigen Leben und in den Leben nach
den zukünftigen Wiedergeburten. Alle Wesen, auch die Götter, unterliegen
hier dem Karma. Karma und Reinkarnation gelten als Grundlage für Budhismus
und Hinduismus und kommen in abgewandelten Formen in einer Vielzahl von Glaubensformen
vor; so auch im Judentum und im Christentum.
Grundsätzliche Fragen:
Gibt es Götter oder gibt es nur einen Gott?
Soll ich an Gott glauben oder nicht?
Was geschieht mit mir, wenn ich nicht an Gott glaube?
Komme ich in die Hölle wenn ich nicht an Gott glaube?
Hat die Kirche etwas davon, wenn ich an Gott glaube?
Hat Gott etwas davon, wenn ich an ihn glaube?
Ist Gott überhaupt in irgendeiner Weise auf unseren Glauben angewiesen?
Lebe ich besser, wenn ich an Gott glaube?
Lebe ich schlechter, wenn ich nicht an Gott glaube?
Was bringt es mir, Mitglied einer Kirche oder Sekte zu sein?
Warum lebe ich?
Wer bin ich?
Wo komme ich her?
Wo gehe ich hin?
Kann nur eine Religion die Richtige für alle Menschen sein?
Kann ich mir selbst einen Lebenssinn geben?
Diese und ähnliche Fragen gehen vielen von uns irgendwann einmal durch
den Kopf; egal ob wir Christ oder Jude, Moslem oder Hindu, Budhist oder Anhänger
einer der vielen weltweit existierenden Sekten sind - und egal ob wir streng
gläubig sind oder nicht. Wer kann uns diese Fragen beantworten? Religions-
und Sektenführer, die sich Vertreter Gottes auf Erden nennen, geben uns
immer nur Antworten in die gleiche Richtung. Sie weisen uns an, an Gott zu
glauben nach den Regeln der Religion bzw. Sekte der die jeweiligen Religions-
oder Sektenführer vorstehen; sofern wir deren Anweisungen nicht Folge
leisten, wird häufig damit gedroht, daß uns das Himmelsreich verwähr
bleibt. Doch stimmt das wirklich? Oder dienen alle diese Anweisungen bzw. Behauptungen
nur dem einen Ziel - nämlich den Einfluß auf die zugehörigen
Menschen der jeweiligen Religion bzw. Sekte zu festigen und zu vergrößern?
Religions- und Sektenglauben sichert immerhin gut bezahlte Führungspositionen
und verschafft den Führungskräften Reichtum und Macht über tausende
und millionen gläubiger Anhänger. Die Antwort auf unsere Fragen können
wir uns immer am besten selbst geben. Wir wollen wissen, ob wir an Gott glauben
sollen? Dann sollten wir uns die Frage stellen, ob wir an Gott glauben wollen.
Wenn ja, sollten wir an Gott glauben, weil wir es wollen – aber
dabei bedenken, daß unsere Entscheidung nur für uns persönlich
gilt und nicht für unsere Mitmenschen. Wenn nein, sollten wir nicht an
Gott glauben – und auch hier sollten wir immer bedenken, daß auch
diese Entscheidung nur für uns persönlich gilt und nicht für
unsere Mitmenschen. Wenn wir heute an Gott glauben wollen, weil uns danach
ist, sollten wir unserem Bedürfnis nachgehen. Wenn wir unsere eigene Glaubensform
haben, sollten wir sie leben – und auch hier wieder bededenken, daß unsere
Entscheidung nur für uns persönlich gilt und nicht für unsere
Mitmenschen. Wenn es einen Gott gibt, hat dieser uns so geschaffen, dass jeder
Einzelne von uns sich jederzeit entscheiden darf ob und wie er an Gott glauben
will oder aber ob er nicht an Gott glauben will. Jeder von uns hat also die
Freiheit, sich jederzeit entscheiden zu dürfen, ob und wie er an Gott
glauben möchte. Jeder von uns sollte sich dessen bewusst sein, dass jeder
zu jeder Zeit frei über seine eigene Person bestimmen darf - aber eben
nur über seine eigene Person und nicht über seine Mitmenschen. Wenn
wir davon ausgehen, daß es einen Gott gibt, der uns geschaffen hat, so
lässt Gott jedem von uns zu jeder Zeit die Freiheit, nach unserem persönlichen
Bedürfnis und auf unsere persönliche Art und Weise an ihn zu glauben
oder auch nicht; eben unseren persönlichen von Gott geschaffenen Bedürfnissen
entsprechend. Niemals zwingt Gott uns zu einer bestimmten Form des Glaubens.
Niemals zwingt Gott uns einer Religionsgemeinschaft oder einer Sekte beizutreten
um an ihn zu glauben. Zwänge dieser Art legen uns immer nur unsere Mitmenschen gegen
den ausdrücklichen Willen Gottes auf.
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Artikel 5
Jojoba
von Eckhard Block
Jungbrunnen für
die Haut.
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Der
bis zu 3 Meter hohe Jojobastrauch (Buxus chinensis) ist in den
Wüstenregionen
Nordamerikas (Arizona bis Kalifornien) bis in den Norden Mexikos
zuhause. Die Blätter des Strauches sind von ledriger Beschaffenheit
und die Pfahlwurzel kann noch aus 10 m Tiefe Feuchtigkeit holen.
Die ca. zwei Zentimeter langen, nussartigen Jojobafrüchte
enthalten das hellgelbe Jojobaöl. Genaugenommen ist Jojobaöl
kein pflanzliches Öl, sondern ein flüssiges Wachs, dem
weder Temperatur noch Alterung etwas anhaben können. Jojobaöl
enthält viel Vitamin A, das die natürlichen Hautfunktionen
fördert, Vitamin E, das die Zellerneuerung unterstützt
und dem Hautalterungsprozeß entgegen wirkt, Vitamin F, das
der allgemeinen Stärkung der Abwehrkraft der Haut dient, 30%
Aminosäuren, ungesättigte Wachse und Fettsäuren.
Jojobaöl fördert die Regenerationsfähigkeit der
Hautzellen. Es wird gut von der Haut aufgenommen, läßt
sich gut verteilen und hinterläßt keinen öligen
Film auf der Haut, sondern verleiht ihr ein angenehmes Gefühl
der Frische. |
Die Indianer Mexikos verwendeten das kostbare flüssige Wachs schon vor Jahrhunderten
als Wundmittel, als Heilmittel bei Hautproblemen (z.B. Pickel) und als Haaröl.
öl wurde als Haarwuchsmittel und als Diätzusatz eingesetzt.
Das für die moderne, gesunde Hautpflege nun wiederentdeckte Jojobaöl
unterstützt das natürliche Feuchthaltevermögen der Haut. Es macht
die Haut sehr geschmeidig.
Die besonderen Eigenschaften von Jojoba sind:
---------- 1. zieht schnell in die Haut ein ohne
zu fetten,
-----------2. macht die Haut
weich und geschmeidig, was einer trockenen Haut besonders
zugute
.................. kommt,
-----------3. selbst bei empfindlicher
Haut empfehlenswert, da es sehr gut verträglich ist.
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Artikel
6
Israel / Palästina
von Eckhard Block
Erklärungen .
. . . . . . . . .
Mandatsgebiete
Die nach dem Ersten Weltkrieg im Namen des Völkerbundes treuhänderisch
(kraft Mandats) von einzelnen Staaten (Mandataren) verwalteten ehemaligen deutschen
Kolonien und die ehemaligen türkischen Gebiete Vorderasiens. Entsprechend
dem Entwicklungsstand der Gebiete und der Zielsetzung der Mandatsverwaltungen
gab es:
A-Mandate
(Irak, Palästina, Transjordanien, Syrien, Libanon), die eine vom
Mandatar beaufsichtigte Selbstverwaltung besaßen und mit der Entstehung
unabhängiger Staaten erloschen;
B-Mandate
(Kamerun, Togo, Tanganjika, Ruanda-Urundi), die einer besonderen Verwaltung
des Mandatars unterstanden;
C-Mandate
(Deutsch-Südwestafrika, Samoa, Karolinen, Marianen, Palau- und Marshallinseln,
Neuguinea mit den übrigen deutschen Südseeinseln, Nauru), die als
zu integrierender Bestandteil des Mandatars zu verwalten waren.
Das System der Mandatsgebiete endete am 18.4.1946;
noch vorhandene Mandatsgebiete wurden danach zu Treuhandgebieten.
Usurpator
[lateinisch, zu usurpare, eigentlich "durch Gebrauch an sich reißen"]
der, jemand, der widerrechtlich die (Staats)gewalt an sich reißt; Thronräuber.
Pogrom
[russisch Verwüstung] der oder das, 1) eine mit Plünderungen und Mord
verbundene Judenverfolgung, meist initiiert von staatlichen Stellen; z.B. im
zaristischen Russland und im nationalsozialistischen Deutschland (November-Pogrom
1938, Kristallnacht); 2) im 20. Jahrhundert allgemein Bezeichnung für eine
Ausschreitung gegen Mitglieder nationaler, religiöser oder rassischer Minderheiten.
Semiten
im 18.Jahrhundert entstandener Begriff, der aufgrund der biblischen Völkertafel
(1. Mose 10) eine Reihe von Völkern als Träger einer gemeinsamen Sprache
(Semitisch) bezeichnet. Danach gingen von Sem 26 Völker aus, u.a. Elamiter,
Assyrer, Babylonier und Aramäer. Die Völkertafel ist aber im Wesentlichen
geographisch orientiert (das Siedlungsgebiet der Semiten reicht von Westanatolien
bis Persien und von Armenien bis zum Roten Meer), und die in ihr genannten Völker
bilden keine geschlossene Gruppe im Sinne der Völkerkunde. Der Begriff ist
daher ethnographisch untauglich und zudem durch seinen wertenden Missbrauch in
Rassentheorien des 19. und 20. Jahrhunderts (Antisemitismus, Rassismus) diskreditiert;
er kann nur sprach-wissenschaftlich und eingeschränkt auf die semitischen
Sprachen angewandt werden.
Bundeslade
(Lade Gottes), Wanderheiligtum des israelitischen Stämmebundes, das durch
David nach Jerusalem überführt (2.ÿSamuel 6) und von Salomo im
Allerheiligsten des Tempels aufgestellt wurde (1. Könige 8, 1 -9). Ihr Verbleib
nach dem Babylonischen Exil ist unbekannt. Nach 2. Mose 25, 10 folgende, 37,
1ÿfolgende war die Bundeslade ein an zwei Stangen tragbarer vergoldeter
Kasten aus Akazienholz mit Deckel, auf dem zwei goldene Cherubgestalten standen.
Nach jüngerer Überlieferung enthielt sie die Gesetzestafeln (Gesetzeslade).
In der Synagoge wird die Bundeslade durch den Thoraschrein versinnbildlicht.
Jom Kippur
jüdischer Fastentag
Ramadan
islamischer Fastenmonat
- -
Der
Staat Israel . . . . . . . . . .
Kurzinformation:
Fläche: 22.145 km2
Einwohner: 6,85 Mio. (im Jahr 2000)
Hauptstadt: Jerusalem
Verwaltungsgliederung: 6 Distrikte
Amtssprachen: Hebräisch und Arabisch
Nationalfeiertag: 5. Ijjär (zwischen Mitte April und Mitte Mai)
Währung: 1 Neuer Schekel (NIS) = 100 Agorot
Zeitzone: MEZ + 1 Stunde
(amtlich hebräisch Medinat
Jisrael; deutsch Staat Israel), Staat in Vorderasien,
grenzt im Westen an das Mittelmeer, im Norden an Libanon,
im äußersten Nordosten an Syrien, im Osten an
Jordanien und im Südwesten an Ägypten; die Südspitze
reicht bis an den Golf von Akaba des Roten Meeres. Israel
hält Teile des Westjordanlands und der Golanhöhen
besetzt.
Staat und Recht
Israel ist eine parlamentarische Republik; es besitzt keine geschriebene Verfassung, sondern nur einzelne grundlegende Gesetze als verfassungsrechtliche Basis. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament auf 7 Jahre gewählte Präsident (einmalige Wiederwahl möglich), der im Wesentlichen repräsentative Funktionen erfüllt. Die Legislative liegt beim Einkammerparlament (Knesset; 120 für 4 Jahre gewählte Abgeordnete). Exekutivorgan ist die dem Parlament verantwortliche Regierung unter Vorsitz des Premierministers (die 1996 eingeführte Direktwahl des Premiers wurde 2001 wieder aufgehoben). Ein von der Knesset für 5 Jahre gewählter Ombudsmann kontrolliert die Arbeit der Regierung u. a. Behörden. - Einflussreichste Parteien und Bündnisse: Kadima, Israelische Arbeitspartei (auch Avoda), Schas (religiös-orthodox), Israel Beteinu (deutsch »Israel unser Haus«, russische Immigrantenpartei), Likud, Vereinigte Arabische Liste, Nationale Union (NU, nationalistisches Mehrparteienbündnis), Nationalreligiöse Partei (NR), Pensionärspartei, Partei Vereinigtes Thora-Judentum (ultraorthodox), Meretz (deutsch »Vitalität«, linksliberale Parteienallianz).
Landesnatur
Das Land erstreckt sich von Norden nach Süden über 400 km; der Süden wird von der Wüste Negev eingenommen. Der Norden gliedert sich von Westen nach Osten in drei Landschaftsräume: Küstenebene, Bergland, Jordangraben. Die Küstenebene, deren zentralen Abschnitt die fruchtbare Sharon bildet, setzt sich im Hinterland der Bucht von Haifa nach Südosten in der Ebene Jesreel fort. Das Bergland gliedert sich von Süden nach Norden in das judäische, das samaritische und das - nördlich der Ebene Jesreel - galiläische Bergland. Zum eigentlichen Staatsgebiet Israels gehört allerdings nur das Hochland von Galiläa mit dem höchsten Berg Hare Meron (1 208 m über dem Meeresspiegel) sowie der Korridor von Tel Aviv-Jaffa zum hoch gelegenen Jerusalem. Das Bergland fällt im Osten steil zum Jordangraben (mit Totem Meer und, im Süden, Wadi al-Araba) ab. 75 % der Bevölkerung leben in der Küstenebene, die für Bewässerungsfeldbau genutzt wird. Israel liegt im Übergangsgebiet von Mittelmeer- (Winterregen) zu Wüstenklima; der Sommer ist warm und trocken, der Winter ist im Bergland kühl bis kalt, in den Niederungen mild. Niederschlagsmengen: im Norden 500-700 mm, im Süden (Aravasenke) 50 mm jährlich. Die Vegetation reicht von mediterranen Pflanzengemeinschaften zu Wüstenflora; natürlicher Wald steht nur auf dem Karmel; durch Aufforstungen vergrößerte sich die bewaldete Fläche auf etwa 115 000 ha.
Wirtschaft und Verkehr
Israel hat unter ungünstigen Bedingungen (Wüsten, Wassermangel, Rohstoffknappheit, Kriege) einen modernen Industriestaat mit leistungsfähiger Landwirtschaft aufgebaut. Gemessen am durchschnittlichen jährlichen Bruttonationaleinkommen (BNE) je Einwohner liegt seine Wirtschaftskraft weit über derjenigen seiner nicht Erdöl exportierenden arabischen Nachbarländer. Gemessen an seinen Auslandsschulden hat Israel die weltweit höchste Pro-Kopf-Verschuldung, erhält aber auch die höchste öffentliche Entwicklungshilfe. Ein nicht unerheblicher Teil des Staatshaushalts wird für militärische Zwecke verwendet.
Der mit Abstand wichtigste Wirtschaftssektor ist der Dienstleistungsbereich, in dem 74 % der Beschäftigten arbeiten. Die verarbeitende Industrie erzeugt aus heimischen sowie importierten Rohstoffen (2/3 der Importe) und Halbfabrikaten fast alle Güter des Inlandverbrauchs sowie Ausfuhrgüter. Bedeutende Zweige sind neben der Baustoff- und chemischen Industrie die Metallverarbeitung (importierter Stahl), die feinmechanische, Elektro- und Elektronikindustrie. Herausragende Bedeutung haben die rund 650 Diamantenschleifereien, in denen 52 % aller Rohdiamanten der Welt geschliffen werden; Diamantenbörse in Ramat Gan. In Ashdod und Haifa arbeiten zwei Erdölraffinerien. - An Bodenschätzen werden v. a. Phosphate (im nördlichen Negev; Region Arad), Kupfererze, Gips und Mineralsalze des Toten Meeres (Brom-, Magnesium-, Kalisalze) gefördert. - Die Landwirtschaft ist hochintensiv, exportorientiert und stark mechanisiert. Der Anbau ist v. a. auf die schmale, klimabegünstigte Küstenebene und auf die feuchteren nördlichen Landesteile konzentriert. Auch im Norden der Wüste Negev wurden weite Teile durch Bewässerung für die Landwirtschaft nutzbar gemacht. Als Ackerland und für Dauerkulturen können etwa 25 % der Gesamtfläche genutzt werden, davon wird fast die Hälfte bewässert (die Landwirtschaft verbraucht bis über 80 % des verfügbaren Wassers). Hauptwasserlieferant ist der See Genezareth. 40 % der Fläche sind Naturweiden. Die ertragreichsten Zweige sind Milchwirtschaft und Geflügelzucht. Wichtigste Exportprodukte sind Frühgemüse, Obst und Blumen. Die bedeutendsten Erzeugnisse des Ackerbaus sind Weizen und Baumwolle, der Obstplantagen Zitrusfrüchte. Der von den jüdischen Landwirten bewirtschaftete Boden ist zu rund 90 % Staatsbesitz, er wird an die Siedler in Erbpacht abgegeben. 90 % der jüdischen Landwirte sind entweder in Kollektivsiedlungen (Kibbuzim) oder »kooperativen« Dörfern (Moshavim) organisiert. - Ziele des Fremdenverkehrs sind antike Kulturdenkmäler, Stätten der Bibel, Kreuzfahrerburgen und Badeorte. - Wichtigste Handelspartner sind die USA, gefolgt von der EU u. a.
Auf Straßen (16 281 km) entfällt der größte Teil der Warentransporte und des Personenverkehrs. Die Eisenbahn (925 km) befördert v. a. Massengüter. Bedeutende Häfen sind Haifa und Ashdod am Mittelmeer, Elat am Roten Meer. Internationaler Flughafen »Ben Gurion« südöstlich von Tel Aviv-Jaffa.
Bevölkerung
Staatstragendes Volk sind die Juden, die sich in Vatiqim (vor der Staatsgründung eingewandert), Olim (nach der Staatsgründung eingewandert) und Sabra (im Lande Geborene) gliedern. Etwa 18 % der Bevölkerung sind Araber (v. a. Palästinenser); von den 40 000 Beduinen sind nur noch wenige reine Nomaden. Die jüdischen Einwanderer (seit 1882; Zionismus) kamen zunächst v. a. aus Mittel- und Osteuropa (Aschkenasim), später aus islamischen Ländern von Nordafrika bis Irak (Sephardim), gegen Ende der 1950er-Jahre aus Osteuropa. Für die Neueinwanderer wurden Entwicklungsstädte gegründet. Bis zum Ersten Weltkrieg kamen etwa 50 000-70 000 Juden, 1919-48 weitere 500 000, 1949 240 000; seit 1970 besonders hoher Einwandereranteil aus der UdSSR, der sich seit 1989/90 noch sprunghaft verstärkt hat. Zwischen 1989 und 1993 wanderten wieder 754 000 Juden, insbesondere aus der UdSSR beziehungsweise deren Nachfolgestaaten, ein, von 1994 bis 2003 nochmals 587 000. Großstädte sind Jerusalem, Tel Aviv-Jaffa, Haifa, Rishon Lezhiyyon, Ashdod, Beerscheba, Petah Tiqwa, Holon u. a. Ein besonders schwieriges Problem des jüdischen Staates bilden die im Lande lebenden Araber, die v. a. im nördlichen Landesteil Galiläa und im Süden um Beerscheba leben und deren Geburtenrate (rd. 36 ) bedeutend höher ist als die der jüdischen Bevölkerung (rd. 18 ). - Nach der jüngsten religionsstatistischen Erhebung (2004) sind 75,8 % der Bevölkerung Juden, 16,7 % Muslime, je 1,6 % Christen und Drusen und 0,2 % Bahais; daneben (zahlenmäßig verschwindend) die Sondergemeinschaften der Karäer und Samaritaner. Die jüdische Religion und der jüdische Charakter des Staates Israel bilden nach Umfragen für die große Mehrheit der israelischen Juden (auch der religiös nicht praktizierenden) wichtige Elemente ihrer Identität. Die Muslime sind überwiegend Sunniten der schafiitischen Rechtsschule, die Christen gehören mehrheitlich der katholischen Kirche an (lateinischer Ritus und vier ostkirchliche Riten). In Israel befinden sich das internationale Zentrum (Haifa) und die wichtigsten Heiligtümer (Haifa, Akko) der Bahai-Religion. - Es besteht allgemeine Schulpflicht im Alter von 5 bis 16 Jahren und ein für alle Kinder ab dem 2. Lebensjahr offenes Vorschulangebot (nicht obligatorisch). Das Schulsystem gliedert sich in folgende Stufen: die sechsjährige Primarschule und einen zweistufigen Sekundarschulbereich, die dreijährige Sekundarschule I und die auf den Hochschulbesuch vorbereitende dreijährige Sekundarschule II. Hinsichtlich der Schultypen umfasst es neben den staatlichen Regelschulen (Hauptunterrichtssprache: Hebräisch) staatlich-religiöse Schulen (Hauptunterrichtssprache: Hebräisch; Schwerpunkte: jüdische Kultur und Tradition), arabische und drusische Schulen (Hauptunterrichtssprache: Arabisch; Schwerpunkte: arabische und drusische Geschichte, Kultur und Religion) sowie Privatschulen in unterschiedlicher Trägerschaft. Die Alphabetisierungsrate liegt (2006) bei 97 % (15-Jährige und älter). Es gibt acht Universitäten, darunter die Fernuniversität Tel Aviv (Open University of Israel, gegründet 1974); die ältesten Universitäten sind das Technion (Israelisches Institut für Technologie, gegründet 1924) in Haifa und die Hebräische Universität Jerusalem (gegründet 1925).
Die Parteien im Jischuw
Entsprechend den Statuten des Mandats, aber auch gemäß ihrem Selbstverständnis
waren die zionistische Bewegung und die jüdische Gemeinde in Palästina
demokratisch orientiert. In der Zeit nach 1919 kristallisierten sich jene politischen
Gruppierungen heraus, die im Wesentlichen auch heute noch bestehen. Die bis
Anfang der 30er-Jahre stärkste Partei war die "Partei der Allgemeinen
Zionisten". Sie trat für private Initiative ein, kämpfte für
die Bauern des privaten Sektors und für den sich herauskristallisierenden
Mittelstand. In ihren nationalen Anschauungen zeigte sie sich gemäßigt.
Eine andere Richtung war das Arbeiterlager.
Die 1919 gegründete Partei Leachdut Haavoda,
in der auch David Ben Gurion wirkte, hatte gewisse linke,
aber keineswegs marxistische Tendenzen. Sie vereinigte
sich 1930 mit der stark reformistisch orientierten Arbeiterpartei
des Hapoel Hazair zur Mapai, einer Partei,
die unter Leitung von Ben Gurion sehr bald führend
wurde, obwohl sie niemals die Mehrheit gewann. An ihrer
Spitze stieg Ben Gurion zum Führer der Juden Palästinas
auf. Unter den anderen Gruppierungen im linken Lager versuchte
die Haschomer Hazair eine Synthese zwischen sich,
dem Marxismus und dem Zionismus zu finden.
Das rechte Spektrum des Parteienfeldes
verzeichnete ebenfalls eine vielschichtige Entwicklung.
1925 gründete Wladimir Jabotinsky, ein begabter Redner
und zionistisch militanter Politiker, die "Revisionistische
Partei", die unter anderem gegen die Teilung Palästinas
von 1921 kämpfte. Die Revisionisten betonten den Wehrgedanken
und forderten die Aufstellung einer eigenen jüdischen
Armee. In der Diaspora, vor allem in Polen, verfügten
die Revisionisten über eine große Anhängerschaft.
Die verfolgten Juden dieses Landes hatten das Gefühl,
dass Jabotinsky mehr Gespür für ihre Probleme
und ihren verletzten Stolz aufbrachte als Ben Gurion und
seine Arbeiterpartei.
Neben diesen beiden Blöcken
gab es die religiösen Parteien. Die 1902 gegründete
Partei Mizrachi war in Struktur und Anschauung den Allgemeinen
Zionisten sehr ähnlich mit dem grundsätzlichen
Unterschied, dass ihre Mitglieder religiös bestimmt
waren. Die 1922 gegründete Hapoel Hamizrachi neigte
eher dazu, mit den Arbeiterparteien vor allem mit der Mapai zu
koalieren. Es gab zudem die beiden orthodoxen Parteien Agudat
Israel und Poali Agudat Israel.
Zwischen den Lagern gab es große
Meinungsverschiedenheiten, ob es nun um die Araberfrage,
die Beziehungen zu England oder um gesellschaftliche Fragen
ging. Sie neigten auch dazu, sich gegeneinander abzukapseln:
Es gab Wohnsiedlungen nur für Angehörige des
religiösen Lagers oder nur für solche des Arbeiterlagers;
jede Gruppe pflegte ihre Subkultur. Die jüdische Gesellschaft
in Palästina war fragmentiert und polarisiert. Gleichwohl
führte die Hoffnung, ein freies Volk im eigenen Land
zu sein, wie es in der Nationalhymne Hatikwa heißt,
dazu, dass sich in der Vielfalt und Zersplitterung doch
die Einheit durchsetzte.
- -
Zionismus .
. . . . . . . . .
Bezeichnung (1893 geprägt) für
die politische (nationale) und soziale Bewegung zur Errichtung
eines jüdischen Staates in Palästina.
19. bis Mitte 20. Jahrhundert:
Die Anfänge des Zionismus liegen im 19. Jahrhundert (M. Hess, Leon Pinsker) und stehen - neben der religiösen Verwurzelung in der (passiven) messianischen Erwartung einer Rückkehr ins »Gelobte Land« (Israel/Palästina) und nach Zion (Jerusalem) - im Zusammenhang mit dem Aufkommen des Nationalismus in Europa und des modernen Antisemitismus in Ost- und Mitteleuropa Ende des 19. Jahrhunderts (Suche nach jüdischer Identität, Existenzmöglichkeiten und Eigenstaatlichkeit). Widerhall fand der Zionismus deshalb zuerst bei Teilen der Ostjuden, besonders im zaristischen Russland, wo die Judenemanzipation unterblieben war (Haskala), während die Westjuden den Zionismus zumeist ablehnten. Zwischen 1881 und 1914 verließen etwa 2,5 Mio. Juden Osteuropa und wanderten meist in die USA aus; auch die aktive jüdische Besiedlung Palästinas setzte ein. Dieser »praktische« beziehungsweise »Pionierzionismus« (wichtigster Vertreter: C. Weizmann) fand seine Ergänzung durch das Auftreten T. Herzls, der den Zionismus als politische Kraft organisierte und ihm durch die Zionistischen Weltkongresse ab 1897 eine wichtige Plattform schuf. Die ebenfalls 1897 gegründete Zionistische Weltorganisation (englisch Zionist World Organization, Abkürzung ZWO) erklärte 1905 die Errichtung einer »öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte« für das jüdische Volk in Palästina zu ihrem Ziel, seit 1917 von Großbritannien unterstützt (Balfour-Deklaration). Die 1918-39 stark ansteigende Einwanderung von Juden nach Palästina (Verzehnfachung auf etwa 0,6 Mio.) führte u. a. 1922 zur Gründung der Jewish Agency for Palestine und zur Ausbildung von Parteien, von denen die sozialistischen und religiösen Gruppierungen besondere Bedeutung erlangten. Der zunehmende Widerstand der palästinensischen Araber gegen die jüdische Besiedlung (auch aus arabischen Staaten) verstärkte sich nach 1933, als - bedingt durch die nationalsozialistische Judenverfolgung (»Holocaust«) - die legale und illegale Einwanderung sprunghaft anstieg (Nahostkonflikt). Vorschläge zur Errichtung eines binationalen Staates ließen sich nicht verwirklichen.
1947 bis heute:
Mit dem Teilungsplan der UN vom 29. 11. 1947 (Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat), der von den arabischen Staaten abgelehnt wurde, v. a. aber mit der Ausrufung des Staates Israel am 14. 5. 1948 wurde das Ziel der zionistischen Weltbewegung erreicht. Ihre Bemühungen konzentrieren sich seitdem auf die Stärkung der Beziehungen zwischen dem (säkular zionistischen) jüdischen Staat mit ursprünglich sephardischer Bevölkerungsmehrheit (Sephardim; ab 1948 zunehmende jüdische Einwanderung aus arabischen Staaten, v. a. Nordafrika, Irak und Syrien, ab 1991 verstärkt aus GUS-Staaten [seit 1995 eigene Partei: Israel Ba-Alija, inzwischen umbenannt in Israel Beteinu, deutsch »Israel unser Haus«]) und der jüdischen Diaspora, v. a. in den USA. Politisch und sozial heterogen (u. a. Linkszionismus, v. a. Israelische Arbeitspartei; Rechtszionismus, Likud-Block), entstand ein sogenannter Neuer Zionismus (1. 8. 1985 Neudefinition Israels als »Staat des jüdischen Volkes«). - Im Dezember 1991 annullierte die UN-Vollversammlung die Resolution von 1975, in der Zionismus als »eine Form von Rassismus und rassischer Diskriminierung« verurteilt worden war. Der umstrittene, seit der Besiedlung (ab 1977) der von Israel besetzten Gebiete v. a. von der Siedlerbewegung erhobene, von rechtszionistischen Kreisen unterstützte Anspruch auf »das ganze Land Israel« wurde durch den Übergang zum Ausgleich mit der PLO (Beginn: »Gaza-Jericho-Abkommen« vom 13. 9. 1993, 2005 untermauert durch den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen) infrage gestellt und birgt Konfliktpotenzial in sich.
Organisation der zionistischen Weltbewegung:
Die ursprüngliche Struktur der ZWO wurde 1921, 1960 und 1968 reformiert; heute sind ihr nationale zionistische Zusammenschlüsse in über 40 Ländern verbunden. Als Legislative dienen die Zionistischen Weltkongresse (I. 1897 in Basel, XXXV. 2006 in Jerusalem). Als Exekutive fungiert das General Council, im Land Israel die Jewish Agency for Israel (Abkürzung ZWO-JA). Sitz der ZWO ist Jerusalem; Büros bestehen u. a. in New York, Madrid und Paris.
Die Ursprünge des Zionismus:
Palästina war bis 1918 ein Teil des Osmanischen Reiches. Es wurde verwaltungsmäßig
im Wilajet von Libanon und Südsyrien erfasst; hinzu kam der Sandschak (Bezirk)
von Jerusalem. Die geographischen Grenzen Palästinas waren noch mehr als
die von Erez (Land) Israel alles andere als klar und wie auch heute noch umstritten.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass mit Erez-Israel das Gebiet des heutigen
Staates Israel gemeint ist.
Neue, betont politische Impulse erhielt
die zionistische Idee durch das Wirken Theodor Herzls,
eines ursprünglich assimilierten Juden. Der Dreyfus-Prozess
in Frankreich, über den er als Korrespondent der angesehenen
Wiener Zeitung "Neue Freie Presse" berichtete,
führte ihm jedoch deutlich vor Augen, dass der Antisemitismus
auch im westlichen Europa nicht erloschen war. In der Auseinandersetzung
mit der Dreyfus-Affäre gelangte er zu dem Schluss,
dass die Juden eine eigene Nation seien und die jüdische
Frage nur durch einen eigenen Staat gelöst werden
könne. In der Judenfeindschaft sah er nicht ein vor-emanzipatorisches
Relikt, das allmählich verschwinden würde, sondern
vielmehr eine direkte Folge der Emanzipation. Das Streben
nach Integration und Assimilation sei mithin zum Scheitern
verurteilt. In seiner beinahe prophetischen Schrift "Der
Judenstaat" von 1896 entwarf er die Vision der Rückbesiedlung
Palästinas als Weg, dem jüdischen Volk neue,
nationale, moderne Werte zu vermitteln. Herzl negierte
die jüdische Religion nicht, er verstand aber die Zionssehnsucht in
einem realpolitischen und säkularisierten Sinne. Zionismus
bedeutete für ihn auch, dass sich die Juden von den
Einschränkungen und Selbst-verleugnungen, die die
Diaspora mit sich brachte, befreiten. In jenen Jahren herrschte
der Glaube, dass nur die Rückbesinnung auf die Wurzeln
des Altneulandes diese Befreiung mit sich bringen
könne, und zwar in jeder Hinsicht national, sozial,
politisch und seelisch. Natürlich waren die Zionisten
im Großen und Ganzen davon überzeugt, die alte
Heimat gehöre ihnen oder dem jüdischen Volk,
ohne dass man diese Zugehörigkeit definieren konnte.
Es gab romantische Vorstellungen darüber, wie an biblische
Zeiten angeknüpft werden könne. Eine von Empfindungen
geprägte innere Gestimmtheit gab Kraft und spornte
an. Herzl war eine faszinierende, überzeugende Persönlichkeit.
Es gelang ihm, diejenigen Juden anzusprechen, die bereits
in einer im Einzelnen ungeklärten Weise zionistisch dachten
und fühlten. Der von Herzl einberufene erste Zionistische
Weltkongress trat im August 1897 in Basel zusammen und
verabschiedete ein richtungweisendes Programm, dessen Kernsatz
lautete: Der Zionismus erstrebt für das jüdische
Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten
Heimstätte in Palästina. Die zionistische
Bewegung wurde zunehmend als politischer Faktor wahrgenommen.
Die Politisierung der jüdischen
Siedlungspolitik:
In Russland wurde die jüdische Bevölkerung zu Beginn des 20.Jahrhunderts
erneut von einer Pogromwelle heimgesucht, an deren Anfang im April 1903 der Pogrom
in Kischinjow stand. Während in den Achtzigerjahren
des 19. Jahrhunderts noch Plünderungen den Schwerpunkt der Ausschreitungen
bildeten, dominierten jetzt Vergewaltigung, Mord und Folter. Die Pogrome
wurden von Reaktionären, aber auch von Kreisen, die sich für fortschrittlich
hielten, bejaht, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven. Zugleich rief diese
Brutalität nicht nur weltweite Empörung hervor, sondern führte
den Juden deutlich vor Augen, in welch unsicherer Situation sie lebten. In jenen
Jahren setzte die große jüdische Einwanderungswelle nach Amerika ein;
ein kleiner Teil, etwa 30.000 Emigranten, fand den Weg nach Palästina. Trotz
Ein-schränkungen und bürokratischer Hindernisse der osmanischen Regierung
war es ihnen zu diesem Zeitpunkt noch möglich, sich in Palästina niederzulassen.
Mit dieser zweiten Einwanderung, deren prominenteste Vertreter David Ben Gurion
und Levi Eschkol waren, begann eine neue Ära. Es bestanden deutliche Unterschiede
zwischen den Angehörigen der ersten Einwanderung, die bereits in wohlhabenden
Kolonien wohnten, und den neu Ankommenden. Letztere waren zumeist Jugendliche,
beseelt von nationalen Ideen, bewusste Zionisten mit einem Hang zur Radikalität
und von den sozialen Bewegungen der damaligen Zeit stark geprägt. Sie verlangten
die Beschäftigung von jüdischen statt arabischen Arbeits-kräften
in den jüdischen Siedlungen und warben sehr eifrig für die Erneuerung
der hebräischen Sprache, weil sie darin ein Attribut, wenn nicht sogar eine
Voraussetzung des nationalen Erwachens sahen. Es entstand eine sehr kämpferische
und weil parteigebunden auch polarisierende hebräische Presse. Die Pioniere
der zweiten Einwanderungswelle riefen 1909 die Vereinigung Haschomer (Wächter)
ins Leben, die die Aufgabe hatte, jüdische Siedlungen zu bewachen und den
Wächtern angemessene Lebens-bedingungen zu gewährleisten. Die Immigranten
ließen sich nicht nur in schon bestehenden Kolonien nieder, sondern gründeten
eigene, so Deganya und Merhavya. 1909 entstand als Vorstadt zu Jaffa Tel Aviv.
1914 lebten insgesamt 85.000 Juden in Palästina, davon etwa 45.000 in Jerusalem,
10.000 in Jaffa, 7.000 in Safad, 5.000 in Tiberias, 3.000 in Haifa und 12.000
in landwirtschaftlichen Kolonien.
Entwicklung des Zionismus in den
Dreißigerjahren
Nicht alle Juden begriffen, welche Bedeutung die Ernennung Hitlers zum deutschen
Reichskanzler hatte. Viele wiegten sich in dem Glauben, dass dies sehr bald vorüber
sein würde. Die zionistische Bewegung jedoch hegte keine Illusionen. Natürlich,
die Vernichtung der europäischen Juden, die die NS-Führung 1941/42
beschließen und organisieren sollte, konnte auch sie Anfang 1933 nicht
ahnen. Sie ging davon aus, dass die Nationalsozialisten die Juden zur Emigration
zwingen würden und betrachtete ihre Aufgabe in Palästina darin, Zufluchtsorte
für diese Juden zu schaffen und ihnen konstruktive Perspektiven zu bieten:
eine neue Heimat, Anknüpfung an ihre hebräischen Wurzeln, Selbstbestimmung
statt Assimilation, Stolz darauf, Jude zu sein durch die Schaffung einer neuen
Gesellschaft, eines neuen Volkes. Chaijim Arlosoroff, der als politischer Leiter
der Jewish Agency quasi als Außenminister des Jischuw amtierte,
gelang es, mit dem Deutschen Reich das Haavra-Abkommen zu vereinbaren. Juden,
die über ein bestimmtes Kapital verfügten, benötigten keine Einwanderungszertifikate
und durften mit einem Teil ihrer Habe nach Palästina ausreisen. In ihrer
ersten Phase trug diese fünfte Einwanderung fast ausschließlich deutschen
Charakter. Danach gelangten Juden aus Österreich, der Tschechoslowakei,
aus Polen, den baltischen Ländern und in den Jahren vor Kriegsbeginn auch
illegale Einwanderer aus allen Ländern Europas nach Palästina. 1933
waren es 37.337 Juden, 1934 bereits 45.267 und 1935 sogar 66.472. Die deutschen
Juden setzten, nur auf gründlichere Weise, in Palästina fort, was die
Ein-wanderer der vierten Welle angelegt hatten. Es entstand eine städtische
Gesellschaft, und Tel Aviv, Haifa und Ramat Gan erhielten ihr mitteleuropäisches
Gepräge. Die deutschen Einwanderer, die Jekkes, wie sie liebevoll genannt
wurden, brachten technisches Können, Fähigkeiten, Geräte, industrielle
Strukturen mit. Arbeitsplätze entstanden. Überall wurde modernisiert,
investiert, gebaut. Angesichts dieser Prosperität betrachteten bald auch
die Briten Palästina als eine lohnende Kolonie; sie glaubten, dass diese
Entwicklung auch ihren imperialen Interessen dienlich sein könne. Die Steuereinnahmen
kamen hinzu, auch dämmerte die Erkenntnis, dass die strategische Bedeutung
Palästinas wegen der ordentlichen Infrastruktur stetig wuchs. Aber ab 1935,
infolge der internationalen Ereignisse und des zunehmenden arabischen Drucks, änderten
sie ihre Haltung, ohne allerdings die Dynamik der jüdischen Einwanderung
völlig unterbinden zu können.
Innerhalb des jüdischen Sektors
kam es zu einigen bedeutenden Veränderungen. Die Mapai wurde
zur dominierenden Partei im Jischuw, während
die Revisionisten sich in ihrer Radikalität selbst
ins Abseits manövrierten. Ben Gurion amtierte ab 1935
nicht mehr als Generalsekretär der Histadrut,
sondern als Vorsitzender der zionistischen Exekutive
und der Leitung des Sochnot (der Jewish Agency).
Dieser etwas unklare Titel bedeutete, dass Ben Gurion praktisch
als der Regierungschef zu amtieren begann. Die Haganah,
gut getarnt, fing an Waffen nach Palästina zu schmuggeln
sowie eigene Waffen zu produzieren. Die nationalen jüdischen
Institutionen begannen mit dem Aufbau eines Nachrichtendienstes,
mit der Erfassung der Jugend und der wehrfähigen Männer
und Frauen. Die neuen Einwanderer waren zumeist sehr motiviert
Jugendliche und entschlossen niemals wehrlos zu sein. Die Haganah war,
wie es der Historiker Igal Elam treffend formulierte, der
zionistische Weg zur Macht. Ohne sich die militärische
Diktion zu eigen zu machen, waren es gerade die Arbeiterbewegungen,
die die Haganah stark prägten. Die treibende
Kraft dahinter war David Ben Gurion.
Auch die palästinensische Gesellschaft
unterlag einem Prozess der Wandlung, der allerdings eher
einen destruktiven Charakter annahm. Der Mufti war nicht
der einzige Radikale. Er hoffte, in Zusammenarbeit mit
den Briten den Zionismus eliminieren zu können. Es
entstanden radikale Parteien und Bewegungen, die sowohl
die Juden als auch die Briten vertreiben wollten. Eine
von ihnen war die Istiklal, die Unabhängigkeitspartei,
die 1932 gegründet wurde. Diese und andere politische
Kräfte begannen in Europa nach Verbündeten zu
suchen, die antijüdisch und zugleich antibritisch
eingestellt waren. Im Oktober 1933 kam es zu blutigen Auseinandersetzungen
zwischen Briten und Arabern, die die sofortige Beendigung
der jüdischen Einwanderung verlangten. Es entstand
ein Geheimbund, der sowohl islamisch als auch palästinensisch
national motiviert war und die Juden ebenso wie die Briten
bekämpfte. Die internationale Entwicklung begünstigte
die arabische Seite. Italien gelang es 1935 Äthiopien
zu erobern, und damit bedrohte es die britischen Interessen
im benachbarten Jemen. Vor diesem Hintergrund entstanden
im arabischen Raum Vereinigungen, Pfadfindergruppen und
Jugendverbände, die deutlich am italienischen Faschismus,
später am deutschen Nationalsozialismus ausgerichtet
wurden. Auch die regionale Entwicklung spielte eine Rolle.
In Ägypten sahen sich die Briten gezwungen, mit den
Nationalisten zu verhandeln, die größere Autonomie
verlangten. Irak war ohnehin ab 1932, nominell jedenfalls,
unabhängig. In Syrien brachte ein 50-tägiger
Generalstreik gegen die Franzosen das öffentliche
Leben zum Stillstand. Im März 1936 sahen sich die
Franzosen gezwungen, mit den Syrern zu verhandeln. All
das blieb nicht ohne Einfluss auf den Mufti, die Istiklal und
die palästinensische Gesellschaft.
- -
Antike
Kleinstaaten: Israel und Juda .
. . . . . . . . .
Unter den Geschichten der alten Völker
des Vorderen Orients spielt die Geschichte des antiken Israel
eine ganz besondere Rolle. Sie ist die Einzige, die von der
Frühzeit eines Volkes berichtet, das seit der Antike
trotz furchtbarer Katastrophen nicht untergegangen ist, sondern
bis in die Gegenwart fortexistiert: von der der Juden. Und
sie ist die Einzige, auf die sich bis heute zwei Weltreligionen
ständig zurückbeziehen, das Judentum und das Christentum.
Die Sumerer, Ägypter, Babylonier,
Syrer und Hethiter hatten schon eine lange Geschichte hinter
sich, als Israel erst gegen Ende des 2. Jahrtausends v.Chr.
die Bühne der Weltgeschichte betrat.
Literaturgeschichtliche Untersuchungen
haben ergeben, dass der Geschichtsbericht der Hebräischen
Bibel (1. Mos. bis 2. Kön.), ungeachtet der Aufnahme älterer
Quellen, erst im 6. bis 5. Jahrhundert v.Chr. verfasst wurde;
das heißt, es liegen teilweise Jahrhunderte zwischen
den biblischen Texten und den berichteten Ereignissen. Da
es sich zudem um eine paradigmatische Geschichtsschreibung
handelt, die nicht nur berichten, sondern vor allem theologisch
belehren will, kann die historische Rekonstruktion nicht
einfach der biblischen Darstellung folgen, sondern muss
kritisch deren Quellenwert überprüfen. Sie ist
dabei vor allem für die frühe Zeit stark auf außerbiblische
Quellen und archäologische Zeugnisse angewiesen.
Israel (hebräisch Jisrael)
["er streitet mit Gott"], dem Stammvater Jakob
von Gott verliehener Name (1.Mose 32, 29; 35,10), der auf
das Volk Israel als seine Nachkommenschaft übergeht,
die in 5. Mose 4,44 als "Kinder Israels" bezeichnet
wird; die älteste außerbiblische Erwähnung
findet sich auf der Siegesstele des Pharao Merenptah (letztes
Drittel des 12.Jahrhunderts v.Chr.); nach dem Tod Salomos
und der ihm folgenden Reichsteilung (926 v.Chr.) Bezeichnung
für das Nordreich im Gegensatz zum Südreich Juda.
Nach der Überlieferung hat Moses die religiöse
Einheit im Glauben an den einen Gott Jahwe geschaffen.
Die Anfänge einer politischen
Einheit des Volks zeigten sich in einem religiös-politischen
Schutzverband der 12 Stämme (Richter). Die erste Staatenbildung
erfolgte unter Saul, der die israelitischen Stämme Galiläas,
Mittelpalästinas und des Ostjordanlands im Kampf gegen
ihre westlichen und östlichen Nachbarn (Philister und
Ammoniter) vereinigte und von ihnen um 1020 v.Chr. zum ersten
König Israels erhoben wurde. Sein Nachfolger, König
David (etwa 1004/03-965/64 v.Chr.), gründete dann von
dem im Süden wohnenden Stamm Juda aus das Großreich
Israel und machte Jerusalem zum politischen Mittelpunkt.
Unter seinem Sohn Salomo (965-926 v.Chr.) erlebte das Reich
seine Glanzzeit (Tempelbau in Jerusalem). Nach seinem Tod
kam es zur Teilung des Reichs (926 v.Chr.) in das Südreich
Juda mit Jerusalem als Hauptstadt und das Nordreich Israel
mit der Hauptstadt Samaria. Nach dauernder Feindschaft dieser
beiden Reiche und Reibungen mit den umliegenden Staaten vernichtete
das erstarkte Assyrerreich 722 v.Chr. das Nordreich Israel
und machte es zur assyrischen Provinz; die Bevölkerung
wurde deportiert beziehungsweise ging in neu angesiedelten
Völkerschaften auf.
Der schmale Kulturlandstreifen Palästina /
Phönizien / Syrien bildet die Landbrücke zwischen
Afrika und Asien und war schon im Altertum von großer
geopolitischer Bedeutung; wer sie kontrollierte, besaß die
Kontrolle über die Heeres- und Handelswege zwischen
den beiden großen vorderorientalischen Flusskulturen
am Nil und in Mesopotamien und zugleich das Tor zur östlichen
Mittelmeerwelt. Der Raum war daher naturgemäß zwischen
den altorientalischen Reichen stark umstritten.
-
Zeittafel .
. . . . . . . . .
2. Jahrtausend v. Chr.
Das Gebiet des heutigen Palästinas und Israels stand unter ägyptischer Herrschaft. Es bildete die Provinz
Kanaan, die aus einer Fülle kleiner Stadtkönigtümer bestand; diese,
meist in der strategisch wichtigen und landwirtschaftlich günstigen Küsten-
und Jesreelebene gelegen, buhlten mit- und gegeneinander um die Gunst des ägyptischen
Oberherrn, was die Amarnabriefe, eine mittelägyptische Quelle aus dem 14.
Jahrhundert, belegen.
14.-13.Jahrhundert v.Chr.
Die israelitischen Stämme sind in mehreren Wellen von Süden und Osten
allmählich in das von den Kanaanäern besiedelte Kulturland Palästina
vorgedrungen und dort ansässig geworden.
Ende des 13. Jahrhunderts v.Chr.
Aus immer noch nicht vollständig geklärten Gründen kam es zu einem
Kollaps der politischen Systeme im östlichen Mittelmeerraum. Die mykenische
Welt ging unter, das Hethiterreich brach zusammen, die ägyptische Macht
wurde nachhaltig geschwächt, Völkerschaften aus der Ägäis
(Seevölker) drangen in das Gebiet des heutigen Syriens-Palästinas-Israels ein, unter ihnen auch die
Philister, die in der südlichen Küstenebene Fuß fassten und viel
später unter römischer Herrschaft den Namen Palästina für
das Land abgeben sollten.
Um 1200 v.Chr.
Die hoch entwickelte kanaanäische Stadtkultur der späten Bronzezeit
mit ihren weit reichenden Handelsbeziehungen fand ebenfalls ihr Ende; viele der
kanaanäischen Städte wurden zerstört oder verlassen (Hazor, Megiddo,
Beth Schean, Bet-El, Geser, Aschdod).
In den ökologischen und politischen
Nischen, in die die Macht der geschwächten kanaanäischen
Stadtstaaten nicht mehr reichte, auf dem mittel-, nord- und
südpalästinischen Gebirge und im nördlichen
Negev entstanden eine Vielzahl neuer kleiner dörflicher
Siedlungen; etwa 315 sind durch Oberflächenuntersuchungen
oder Ausgrabungen nachgewiesen. Wie dieser Befund historisch
zu deuten ist, wird in der Forschung noch kontrovers diskutiert:
Einiges spricht für das Sesshaftwerden von Nomaden (ovaler
Häuserring, Pfostenlöcher, Silos), anderes für
die Neuansiedlung von Bauern. Wichtig für die Einschätzung
der Herkunft der eisenzeitlichen Siedler ist, dass sie wohl
vor allem auf dem Sektor der Architektur einige Neuerungen
einführten (Vierraumhaus), aber in der materiellen Kultur
auf niedrigerem Niveau Traditionen der Spätbronzezeit
fortführten. Dies bedeutet, dass sie in ihrer Mehrzahl
nicht von weither etwa aus der Wüste, wie man früher
dachte eingewandert waren, sondern schon längere Zeit
in Kontakt mit der kanaanäischen Stadtkultur gelebt
haben müssen. Dafür spricht auch die früheste
außerbiblische Erwähnung Israels in der Siegesstele
des Pharaos Merenptah, die schon für das Jahr 1219 v.Chr.
eine Volksgruppe dieses Namens in Kanaan bezeugt. Das heißt,
es waren wahrscheinlich nomadische Randgruppen und bäuerliche
Unterschichtgruppen Palästinas, die mit dem Niedergang
der ägyptischen Herrschaft und der kanaanäischen
Stadtkultur sich von den städtischen Zentren absetzten
und dazu übergingen, sich in den politisch kaum noch
kontrollierten Berg- und Wüstenregionen eine eigene ökonomische
Basis und eine selbstständige politische Organisation
aufzubauen. Wenn sie diese Isra-el nannten, so klingt
dies bei einer solchen Sicht wie ein politisches Programm:
Nicht die städtische Aristokratie, sondern der (aramäische)
Gott El soll herrschen!
1290-1212 v.Chr.
Gruppen von außen, wahrscheinlich semitische Fronarbeiter, die unter Ramses
II. zu Bauarbeiten im Nildelta bei den Städten Pitom und Ramses gepresst
wurden und unter der Führung Moses und der Verheißung des Gottes Jahwe,
den dieser bei den Midianitern in Nordarabien kennengelernt hatte, nach Palästina
geflohen waren, wandern zu. Diese Gruppen verbanden sich mit den sich emanzipierenden
Nomaden und Bauern Palästinas und stärkte mit ihrem Gott Jahwe deren
Befreiungsbestrebungen. Wenn es in der Hebräischen Bibel so dargestellt
wird (2. Mos. 115), als sei ganz Israel in Ägypten gewesen und nach Palästina
eingewandert, dann wurde die spezielle Geschichte der Mosesgruppe generalisiert.
Dabei wissen andere Texte durchaus noch, dass die Vorväter Israels schon
im Lande waren (1.Mos. 1250). Sicher nicht historisch ist die Sicht des Buches
Josua (Josua 112), dass das ganze Land gewaltsam erobert wurde; dagegen spricht
nicht nur die andere Sicht von Richter 1, sondern vor allem der archäologische
Befund: Die Städte Jericho und Ai, die Josua erobert haben soll, lagen schon
Jahrhunderte in Trümmern, bevor Israel entstand; hier handelt es sich um ätiologische
Sagen, die diese Trümmerstätten nachträglich erklären sollten.
Der Entstehungsprozess Israels war, wie die unbefestigten Dorfgründungen
zeigen, in seiner ersten Phase friedlich. Erst als Israels Siedlungsgebiet sich
auszuweiten begann, kam es mit den Kanaanäerstädten und den Philistern
in Konflikt. Zutreffend aber hat die Überlieferung die Sicht bewahrt, dass
Israel aus einem sozialen Befreiungsprozess entstanden ist. Dies prägte
seiner Religion zwei Merkmale auf, die für sie typisch bleiben sollten:
Als Gott der Befreiung ist Jahwe nicht primär an Städte, Länder
oder Könige, sondern an eine Menschengruppe gebunden. Jahwe ist der Gott
Israels, und Israel ist Volk Jahwes so schon in einem der ältesten Texte
der Bibel, dem Deboralied (Ri. 5). Und dieses Gottesverhältnis birgt einen
herrschaftskritischen und einen sozialen Impuls in sich, die sich immer wieder
Geltung verschaffen sollten.
Ca. 1200-1000 v. Chr.
Die politische Organisation, welche die Bauern- und Hirtenbevölkerung im
palästinischen Bergland aufbaute, war geradezu ein Gegenmodell zu der hierarchischen
Struktur der kanaanäischen Stadtstaaten, von denen sich zu emanzipieren
sie entschlossen war. Das vorstaatliche Israel organisierte sich als Stammesgesellschaft;
das heißt, es regelte alle gesellschaftlichen Beziehungen nach einem gestaffelten
System realer (Familie, Sippe) und fiktiver (Stamm) Verwandtschaftsverhältnisse.
Typisch war dabei das Fehlen jeglicher politischer Zentralinstanz. Kaum beschränkte
Macht hatte nur der Vater über seine Familie, die außerhäusliche
Gewalt war dagegen ausgesprochen schwach entwickelt. Die einzigen dauerhaften
politischen Institutionen, den Ältestenrat und die Versammlung der Waffen
tragenden Männer, gab es in der Frühzeit nur auf der Ebene des Ortes,
einer Region oder eines Stammes, nicht aber auf der Ebene des Gesamtverbandes
Israel; sie waren noch dazu auf die freiwillige Zustimmung aller Beteiligten
angewiesen. Die Orte oder Stämme, begünstigt auch von der zerklüfteten
Struktur des Siedlungsraumes, handelten weitgehend unabhängig voneinander;
ja wir hören sogar von Konflikten zwischen den Stämmen. Nur in schweren
Krisen, in denen die einzelnen Stämme nicht mehr allein der Bedrohung Herr
wurden, schlossen sich mehr oder weniger große Teile des Gesamtverbandes
Israel zusammen.
Die größte militärische
Gemeinschaftsaktion war die Deboraschlacht. Nach dem Zeugnis
des Deboraliedes (Ri. 5) vereinten sich immerhin sechs
von zehn Stämmen, um gegen eine Koalition kanaanäischer
Könige in der Jesreelebene zu kämpfen. Der Text
macht deutlich, dass die Konzeption von Israel als einem
Zwölf-Stämme-Verband (so z. B. in 1. Mos. 49;
5. Mos. 33) eine spätere Idealvorstellung ist, die
nicht der Realität entsprach. Auffällig ist besonders,
dass im 11. Jahrhundert Juda offenbar noch nicht zu dem
Stammesverband gehörte. Der Tadel gegenüber den
Stämmen, die sich an diesem Befreiungskrieg nicht
beteiligten, belegt das Vorhandensein einer Solidaritätsverpflichtung
zwischen den Stämmen. Typisch aber ist, dass diese
Solidarität außerinstitutionell erreicht wurde,
hier durch die Sängerin Debora, die durch ihr Charisma
Barak als Heerführer aktivierte und sechs Stämme
zur gemeinsamen Aktion zusammenschweißte, wofür
sie den Ehrentitel Mutter in Israel erhielt. Hier
wie auch sonst wurde der Solidarisierungsprozess auf ein
wunderbares Eingreifen Jahwes, die Wirkung seines Geistes
zurückgeführt. Auf diese Weise unterstützte
er Israel bei seinen Befreiungskämpfen, die darum
regelrecht Jahwekriege genannt wurden. Wenn aber
die charismatischen Heerführer oder Großen
Richter nach Abschluss der Kämpfe wieder ins Glied
zurücktraten und z. B. Gideon nach Richter 8,22f.
gar die ihm angetragene Königswürde mit dem Hinweis
auf Jahwes Herrschaft über Israel abgelehnt haben
soll, dann wird deutlich, dass im vorstaatlichen Israel
der Missbrauch der Solidarisierung zur Etablierung einer
politischen Zentralgewalt erfolgreich verhindert wurde,
und zwar ebenfalls mit religiöser Motivation: Jahwe
schützte das Freiheitsstreben der Stämme auch
nach innen. Das Fehlen einer menschlichen Obrigkeit war
gewollt.
Ein weiteres Merkmal der israelitischen
Gesellschaft dieser Zeit war ihre geringe soziale Differenzierung.
Wohl gab es einzelne wohlhabende und damit angesehene Scheichs
und Burschen, die sich als Freie in ein Dienstverhältnis
begaben, aber die Mehrheit der Bevölkerung arbeitete
in den sich weitgehend selbst versorgenden Familien auf
ihrem Erbbesitz. Dieser galt, um die Akkumulation von Grund
und Boden zu verhindern, grundsätzlich als unverkäuflich.
Zusätzliche Solidaritätspflichten innerhalb der
Sippe wie Loskauf (3. Mos. 25, 25ff.) und Leviratsehe (5.
Mos. 25, 5-10) sollten verhindern, dass der Grundbesitz
der Familie im Falle von Schuldknechtschaft oder frühzeitigem
Tod verloren ging.
Während man in der älteren
Forschung (Martin Noth) das vorstaatliche Israel in Anlehnung
an griechische Vorbilder als Amphiktyonie definiert
hat, das heißt, als sakralen, um ein Zentralheiligtum
(z.B. Silo) siedelnden Stämmeverband, hat man es in
neuerer Zeit wegen seiner egalitären Struktur im Vergleich
zu entsprechenden afrikanischen Vorbildern als segmentäre
Gesellschaft bestimmt.
Ca. 1000 v.Chr.
Der Übergang zur Staatlichkeit war keineswegs eine natürliche Entwicklung.
Wohl gab es innere Gründe, die die Ausbildung stämmeübergreifender
politischer Institutionen förderten: Archäologisch lässt sich
nachweisen, dass ein Bevölkerungswachstum um etwa das Dreifache im Verlauf
des 11. Jahrhunderts eine Ausdehnung des Siedlungsraumes in den Westabhang des
Berglandes erzwang. Der erhebliche Arbeitsaufwand bei der Kultivierung der steilen
Berghänge durch Terrassierung und die Anlage von Zisternen erforderte die
Zusammenarbeit größerer Verbände; die in den Hanglagen oft nur
mögliche Gartenkultur (Ölbäume, Wein) führte zu regionalen
Spezialisierungen der landwirtschaftlichen Produktion und förderte den überregionalen
Handel. So erstaunt es nicht, dass sich in der späten vorstaatlichen Zeit
die beiden politischen Entscheidungsgremien, der Ältestenrat und die Volksversammlung,
auch auf die Ebene des Stämmeverbandes ausdehnten, wobei das offenbar erst
jetzt hinzukommende Juda neben Israel eine Sonderstellung behielt (das Alte Testament
spricht von Ältesten und Männern Israels bzw. Judas).
Der eigentliche Auslöser zur
Etablierung einer zentralen Herrschaft kam jedoch von außen:
Je mehr Israel und Juda ihr Siedlungsgebiet nach Westen
hin ausdehnten, umso stärker gerieten sie mit den
Philistern in Konflikt. Diesem Seevolk mit seinen Berufskriegern
war Israel mit seinem freiwilligen Heerbann militärisch
auf Dauer nicht gewachsen.
Um 1050 v.Chr.
Isra-el erlitt bei Aphek eine schwere Niederlage gegen die Philister (1. Sam.
4), bei der die Bundeslade verloren ging; in der Folge wurde auch deren Aufbewahrungsort,
das Heiligtum von Silo, zerstört. Danach kam es zu einer lang anhaltenden
Besetzung des mittelpalästinischen Berglandes durch die Philister, die so
weit ging, dass diese die gesamte Metallherstellung und -verarbeitung der Israeliten
kontrollierten. So fanden sich die Entscheidungsträger der Stämme unter
dem Druck der Verhältnisse bereit, von ihrem Freiheitsideal Abstriche zu
machen, und erhoben Saul, der seine charismatischen
und militärischen Fähigkeiten im erfolgreichen Befreiungskampf gegen
die ostjordanischen Ammoniter erwiesen hatte, zum König (1.Sam. 11).
Das Königtum Sauls war ein ernst
zu nehmender Versuch, die Notwendigkeit einer zentralen
militärischen Dauergewalt mit dem Streben der Stämme
nach Freiheit und Unabhängigkeit aus der vorstaatlichen
Zeit zu vereinen. Es war eher ein Häuptlingstum, bei
dem die Stämme sich zwar Saul gegenüber zur ständigen
Heerfolge verpflichteten, aber peinlich darauf achteten,
dass seine Machtbasis möglichst auf seine familiären
Ressourcen beschränkt blieb: eine bescheidene Residenz
im heimatlichen Gibea, einen kleinen Führungsstab,
in dem sein Vetter Abner wohl das einzige Amt (das des
Heerführers) besetzte, und nur eine kleine Berufstruppe,
wohl meist aus Angehörigen seines Stammes Benjamin.
Zur Finanzierung billigte man ihm keine Steuern, sondern
nur freiwillige Abgaben zu. Ohne Verwaltungsstab blieb
Sauls Königtum noch unterhalb der staatlichen
Ebene. Doch das Experiment eines Kompromisses zwischen
Stammesgesellschaft und Königtum misslang. Nach Anfangserfolgen
fiel Saul in der Entscheidungsschlacht gegen die Philister
auf dem Gebirge Gilboa (1. Sam. 31); die Macht, die er
in Israel vereinen konnte, erwies sich als zu schwach.
Ob Saul wirklich nur zwei Jahre regiert hat, wie der beschädigte
Text (1. Sam. 13,1) sagt, ist angesichts des gewaltigen
Aufstiegs, den David unter
seiner Regierung erlebte, fraglich.
Um Israel gegen seine eigenen politischen
Ideale in die Staatlichkeit zu führen, bedurfte es
des Machtwillens und der genialen Gestaltungskraft Davids.
Die Faszination, die von ihm ausging, hat schon früh
zwei Erzählungen über ihn entstehen lassen, die Aufstiegserzählung (1.Sam.
16 bis 2.Sam. 5) und die Thronfolgeerzählung (2.
Sam. 9 bis 1. Kön. 2), sodass wir erstmals in der
Geschichte Israels gut informiert sind. David, aus dem
judäischen Bethlehem stammend, hatte seine Karriere
als Schildknappe Sauls begonnen, war also kein charismatischer
Heerführer wie die Großen Richter. Er
gewann schnell militärischen Ruhm in Scharmützeln
mit den Philistern und geriet darüber in Konflikt
mit Saul. Vertrieben vom Hof, schuf er sich aus den Randexistenzen
der israelitischen Gesellschaft eine schlagkräftige
Truppe von 400-600 Berufskriegern (1. Sam. 22), die nicht
mehr den Stämmen, sondern allein ihm verpflichtet
war (Knechte Davids). Diese bildete die entscheidende Machtbasis
für seinen weiteren Aufstieg und entwickelte sich
zum Kern des staatlichen Gewaltmonopols. Mithilfe seiner
Truppe und zu deren Versorgung verschaffte sich David auf
abenteuerliche Weise erheblichen Grundbesitz, beerbte etwa
den reichen judäischen Bauern Nabal, nachdem er ihm
mit Mafiamethoden, wie man heute sagen würde Schutzgelder
abgepresst hatte (1. Sam. 25). Er scheute sich nicht, zu
den Philistern überzulaufen, um als treuer Vasall
vom Philisterkönig Achisch von Gath das Lehen Ziklag
zu erhalten, das zum Grundstock des davidischen Krongutes
werden sollte. Doch geschickt vermied er es, aufseiten
der Philister gegen die eigenen Landsleute kämpfen
zu müssen. Während Saul zur Entscheidungsschlacht
gegen die Philister rüstete, veranstaltete David Raubzüge
gegen israelfeindliche Stämme im Süden und verteilte
von der Beute reiche Geschenke an die Ältesten Judas,
um sie für sich zu gewinnen. Der Erfolg dieser konsequenten
Hausmachtpolitik zeigte sich bald. Nachdem Saul gefallen
war, besetzte David mit seiner Truppe im Handstreich das
strategisch wichtige Hebron; die Ältesten Judas beugten
sich der faktischen militärischen und wirtschaftlichen
Macht Davids und salbten ihn zum König von Juda (2.Sam.
2,14).
Von dieser erweiterten Machtbasis
aus ging David sofort zielstrebig dazu über, sich
nun auch die Stammesautoritäten Israels gefügig
zu machen. In einem Verwirrspiel von Lockungen, Drohungen,
Bruderkämpfen und Intrigen verhinderte er erfolgreich
den Versuch einer dynastischen Fortsetzung des Königtums
Sauls unter dessen Sohn Eschbaal; dessen Heerführer
Abner wurde abgeworben, Eschbaal und Abner schließlich
ermordet. Wohl wahrte David peinlich den Schein seiner
Loyalität gegenüber den Sauliden, tötete
den Boten, der ihm die Krone Sauls brachte, trauerte öffentlich
um die Opfer und bestrafte so weit wie möglich die übereifrigen
Täter, doch wurde er von den Anhängern Sauls
wohl nicht ganz zu Unrecht der Mitschuld am Untergang des
ersten Königshauses bezichtigt. Als dann die Ältesten
Israels nach Hebron schickten, um mit ihm einen Königsvertrag
abzuschließen (2. Sam. 5,15), da meinten sie wohl,
noch ein Wahlkönigtum, das ihnen Mitspracherechte
einräumte, retten zu können; faktisch fügten
sie sich jedoch dadurch den von David etablierten Machtverhältnissen.
David vereinte nun die beiden Königtümer
Israel und Juda in Personalunion. Es gehört zu seinen
geschicktesten Schachzügen, dass er mit seiner Berufstruppe
die noch bestehende Kanaanäerstadt Jerusalem an der
Grenze zwischen den beiden separaten Stammesgebieten eroberte
(2. Sam. 5,69) und sich damit eine von den Stämmen
unabhängige Residenz schuf. Damit war eine Zentrale
für den jungen Staat geschaffen, über die der
König persönlich verfügte (Davidstadt).
David gelang es in kurzer Zeit, zuerst mit seiner schlagkräftigen
Berufstruppe, dann im Verein mit einem reorganisierten
Heerbann nicht nur die philistäische Besatzungsmacht
aus dem Lande zu treiben, sondern auch die umliegenden
Kleinstaaten Moab, Ammon, Aram-Zoba, Aram-Damaskus und
die Edomiter zu unterwerfen; selbst Hamath in Mittelsyrien
wurde ihm tributpflichtig (2. Sam. 8; 10f.; 12,26ff.).
Nach der Eroberung der noch bestehenden kanaanäischen
Stadtstaaten schuf er aus den zerstreuten Stammesgebieten
einen zusammenhängenden Territorialstaat mit einem
Kranz von Vasallenstaaten, dessen Machtbereich von Ägypten
bis an den Euphrat reichte. Es handelt sich um die erste
Großreichsbildung, die von der umkämpften Landbrücke
Palästina ausging, und es sollte auch die letzte bleiben.
Es ist deswegen kein Zufall, dass sich die Idealvorstellungen
Israels von seinem Land immer wieder an diesem davidischen
Großreich orientierten (1.Mos. 15,18).
Es gehört zu den auffälligen
Besonderheiten der Geschichte Israels, dass es trotz dieser
glänzenden außenpolitischen Erfolge des jungen
Königtums dennoch zu mehreren Aufstandsbewegungen
gegen David kam. Die Unzufriedenheit mit seinem autokratischen
Regiment war so groß, dass sich die entmachteten
Entscheidungsträger der Stämme zu einer Israel
wie Juda umfassenden Koalition zusammenschlossen, um mit
Davids Sohn Absalom eine Art konstitutionelle Monarchie zu
errichten, die ihnen mehr Mitspracherechte einräumen
sollte und damit den vorstaatlichen Idealen Israels mehr
entsprach (2. Sam. 1519). Die Lage war für David so
gefährlich, dass er aus Jerusalem mit einigen Getreuen
fliehen musste, um im Ostjordanland seine Berufstruppe
neu aufzubauen; selbst die Sauliden witterten wieder Morgenluft.
Doch scheiterte das erstaunliche politische Experiment.
Die Söldner Davids besiegten den Heerbann der Stämme,
Absalom wurde getötet, und es gelang David, einen
Keil zwischen die Aufständischen zu treiben, indem
er den Judäern Privilegien zusprach.
Doch kaum hatte David seine Herrschaft
in Jerusalem wiederhergestellt, als unter den benachteiligten
mittel- und nord-israelitischen Stämmen der noch radikalere
Scheba-Aufstand losbrach. Scheba aus dem Stamm Benjamin
rief sie auf, David die Gefolgschaftspflicht aufzukündigen
(2. Sam. 20,1) und damit wieder zu vorstaatlichen Verhältnissen
zurückzukehren. Doch zu einer solchen radikalen Ablehnung
des Königtums war es schon zu spät. Von Davids
Berufstruppe bedroht, wagte es nur eine Stadt, Scheba Unterschlupf
zu gewähren, und opferte ihn schließlich, um
Davids Strafaktion zu entgehen.
Frank Crüsemann hat zeigen können,
dass die für den antiken Orient einzigartigen königskritischen
Texte der Hebräischen Bibel (Ri. 9,7 bis 15; 1. Sam.
8,7 und 11-18; 12,12; vgl. Hosea 13,9-11) in den Aufstandsbewegungen
der frühen Königszeit ihren Ursprung haben. Sie
belegen, dass die herrschaftskritischen politischen und
religiösen Traditionen der Frühzeit mit dem Übergang
zur Staatlichkeit nicht vergessen wurden. Anders als in Ägypten,
Sumer oder Babylon wurde dem Königtum in Israel sein
sakral überhöhter Absolutheits- und Totalitätsanspruch
bestritten.
Salomo,
der seinem Vater David nach etwa 40-jähriger Herrschaft
durch eine Hofintrige auf den Thron folgte, schuf ein dynastisch-sakrales
Königtum nach ägyptischem Vorbild. Obwohl unter
seiner Herrschaft das Großreich schon wieder zu bröckeln
begann (Aram-Damaskus machte sich selbstständig und
Edom probte den Aufstand) führte Salomo es zu seinem
größten Glanz. Er band durch Heiraten sein Reich
in die diplomatischen Beziehungen zu den Nachbarn ein und
knüpfte weitläufige Handelsbeziehungen nach Tyros,
Kleinasien, Ägypten, Südarabien und Afrika. Seine
Hauptaktivität lag im Bereich der Innenpolitik. Die
staatliche Administration, die schon David begonnen hatte,
wurde von Salomo erweitert (1. Kön. 4,16) und straff
durchorganisiert: Sein oberster Verwaltungsstab umfasste
den Priester des Jerusalemer Tempels, einen Schreiber als
Spitze der zivilen Verwaltung, einen Kanzleichef, einen
Heerführer, einen Gouverneur an der Spitze der Verwalter
der Steuerbezirke, einen Freund des Königs als
persönlichen Berater, einen Haushofmeister zur Verwaltung
der Krongüter und den Chef der staatlichen Fronarbeit.
Zur Finanzierung der Hofhaltung,
Verwaltung, Truppen und Baukolonnen teilte Salomo Israel
in zwölf Steuerbezirke ein (1. Kön. 4,7-19).
Ob für den Landesteil Juda das Gleiche vorauszusetzen
ist oder ob er steuerlich bevorzugt war, ist unbekannt.
Wahrscheinlich musste als Steuer der Zehnte Teil der ackerbäuerlichen
Produktion abgeführt werden, zu dessen Einsammlung
und Lagerung eigens Vorratsstädte mit auch archäologisch
nachweisbaren Speicherhäusern erbaut wurden. Die großen
Reichtümer, die durch Steuern, Zölle und Tribute
im Reich eingingen, nutzte Salomo zu einer extensiven staatlichen
Bautätigkeit. Er überzog das Land mit einem Netz
von Festungsstädten, häufig auf den Ruinen alter
Kanaanäerstädte, die an strategisch günstiger
Stelle lagen, wie Hazor, Megiddo, Beth-Horon und Geser
(1. Kön. 9,15-18). Sie dienten zugleich der Steuer-
und Militärverwaltung, besonders zum Unterhalt der
logistisch aufwendigen Streitwagentruppe, die sich Salomo
zur Herrschaftssicherung zulegte. Damit brachte er das
gesamte israelitische Staatsgebiet unter direkte Kontrolle
der zentralen Herrschaft.
War die vorstaatliche Zeit durch Deurbanisation gekennzeichnet, so setzte mit
der Königszeit eine Reurbanisation ein, die eindrucksvolle archäologische
Zeugnisse hinterlassen hat. Hervorstechend war besonders der prächtige Ausbau
der Hauptstadt Jerusalem. Dazu wurde die Davidstadt durch eine Aufschüttung
mit dem Zionberg verbunden, um ein Plateau für Verwaltungs- und Palastbauten
zu schaffen. Religionsgeschichtlich folgenreich war der glänzende Ausbau
des übernommenen jebusitischen (vorisraelitischen) Heiligtums zum königlichen
Staatstempel, der mit dem Palast eine bauliche Einheit bildete (1. Kön.
6f). Nach der Vorstellung des sakralen Königtums war der König zugleich
Priester und Versorger des Heiligtums. Salomo stellte das alte Stammesheiligtum,
die Bundeslade, die nach Rückgabe durch die Philister schon David nach Jerusalem überführt
hatte, im Allerheiligsten des Tempels auf (1. Kön. 8) und knüpfte damit
an die vorstaatliche Jahwereligion an: Jerusalem sollte nicht nur der politische,
sondern auch der kultische Mittelpunkt des Reiches sein. Doch die Symbolik des
riesigen Cherubenthrones, der sich im Allerheiligsten über die kleine Bundeslade
wölbte, verkündete zugleich eine neue Staatstheologie, die sich aus
den kanaanäischen Traditionen der Stadt speiste: Jahwe, einst Befreier aus Ägypten,
thronte nun selber als himmlischer König über seiner Stadt und regierte
von hier aus mit Hilfe seines Sohnes, des davidischen Königs, die Völkerwelt
(Ps.2, 45-48; vgl. Jes.6).
Mit diesem tief greifenden theologischen
Umbruch war ein geistesgeschichtlicher verbunden. Gerhard
von Rad hat von einer regelrechten davidisch-salomonischen
Aufklärung gesprochen. Diese Bezeichnung ist sicher
problematisch, richtig ist aber, dass unter Salomo auch
bedingt durch den Fernhandel und den internationalen diplomatischen
Verkehr Kunst und Literatur in Israel aufblühten.
Der Tempel erstrahlte im Glanz phönikischer Architektur,
aus Ägypten und Arabien hielt die Weisheitsliteratur
am Hof Einzug. Die ersten großen Literaturwerke entstanden,
wie die jahwistische Urgeschichte (1. Mos. 2-11)
oder die Thronfolgegeschichte (2.Sam. 9 bis 1. Kön.
2), die an Tiefsinn und Schönheit den großen
Literaturen des Vorderen Orients in nichts nachstehen.
Wegen dieser kulturellen Blüte am Hofe Salomos wurde
im Rückblick der König selber zum exemplarischen
Weisen gemacht (1. Kön. 3; 5,9f.; 10,1-10). Die Regierung
Salomos deckte erst voll auf, welchen politischen, wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Umbruch das Königtum für
Israel bedeutete. In weniger als drei Generationen schaffte
Israel den Sprung von einer isolierten Randgruppengesellschaft
zu einem geachteten vorderorientalischen Großreich.
Die Fortschritte, die das Land auf allen Gebieten der gesellschaftlichen
Entwicklung in dieser Zeit machte, waren gewaltig und werden
sicher auch von vielen in Israel begrüßt worden
sein, vor allem von denen, die davon profitierten, wie
die neu entstehende Schicht der Beamten, Kaufleute und
Militärs.
Der Fortschritt hatte einen erheblichen
Preis: Die Freiheits- und Mitspracherechte der Bevölkerung
wurden stark eingeschränkt, die Ausbildung einer königlichen
Klientel von Großgrundbesitzern höhlte je länger
je mehr die egalitäre Gesellschaftsstruktur aus. Der
religiöse Grundkonsens zerbrach, die Jahwereligion,
die einst eine herrschaftskritische Befreiungstheologie
gewesen war, wurde nun von den Hoftheologen teilweise zu
einer herrschaftslegitimierenden Theologie umgeformt. Vor
allem aber wurde nun die kleinbäuerliche Bevölkerung
mit drückenden Steuern und Diensten für den Staat
belastet. Die großen Bauleistungen Salomos waren
nur dadurch möglich, dass auch von freien Israeliten
staatliche Fronarbeit abgefordert wurde (1. Kön. 5,27ff.).
Dies muss in einer Gesellschaft, deren religiöses
Selbstverständnis sich gerade der Befreiung aus der ägyptischen
Fron verdankte, als ganz besonders demütigend empfunden
worden sein. So ist es kein Zufall, dass gerade dies der
Grund war für den Konflikt, der das davidisch-salomonische
Großreich zerbrechen ließ. Schon zu Lebzeiten
musste sich Salomo des Mordanschlages eines gewissen Jerobeam
erwehren, der das Kontingent der Fronarbeiter aus dem Stamm
Ephraim leitete.
926 v.Chr.
Salomo verstarb. Sofort brach der Konflikt erneut auf. Es spricht für die
Unzufriedenheit, die sich unter der Herrschaft Salomos angestaut hatte, dass
die Nordstämme von Salomos Sohn Rehabeam eine Neuaushandlung des Königsvertrages
verlangten und ihn dazu in das traditionsreiche Sichem zitierten (1. Kön.
12,119). Die Verhandlungen drehten sich vor allem um eine Erleichterung der Fronbelastung.
Als Rehabeam unnachgiebig Härte zeigte, brach ein Aufstand los, in dessen
Gefolge der verhasste Chef der Fronarbeit Salomos, Adoniram, gelyncht wurde;
Rehabeam entkam nur mit knapper Mühe nach Jerusalem. Die Nordstämme
kündigten ihre Loyalität gegenüber dem davidischen Königshaus
auf und wählten Jerobeam, den bewährten Aufständischen gegen die
salomonische Fron, zu ihrem eigenen König. Nach etwa 80 Jahren war das von
David errichtete gesamtisraelitische Reich in zwei Staaten zerfallen: das größere
und wirtschaftlich potentere Nordreich Israel und das kleinere Südreich
Juda. Diese Reichsteilung war also im Kern ein sozialer Aufstand gegen das autoritäre
davidisch-salomonische Königtum, auch wenn ältere Rivalitäten
zwischen den beiden Stammesverbänden Israel und Juda mitschwangen. Der Aufstand
wurde vom Norden unter Berufung auf die religiöse Befreiungstradition der
Frühzeit geführt, denn Jerobeam stiftete zum Dank für sein Gelingen
in Bet-El und Dan zwei goldene Stierbilder ausdrücklich für Jahwe,
der Israel aus Ägypten heraufgeführt habe (1. Kön. 12,28f). Wahrscheinlich
ist auch die älteste literarische Ausformung der Exoduserzählung in
diesem Befreiungskampf des Nordens entstanden. Erst eine sehr viel spätere
Südreichpolemik hat das Goldene Kalb von Bet-El als Ausdruck des
Bilder- und Götzendienstes gewertet, als die Sünde Jerobeams,
derentwegen das Nordreich untergehen musste (1. Kön. 12,30; 2. Kön.
17,21ff.; vgl. 2. Mos. 32). Es hat den Anschein, dass Jerobeam I. (926-906) durchaus
den Versuch unternahm, ein weniger autokratisches Königtum zu verwirklichen.
Er verzichtete auf eine feste Residenz und deren Verbindung mit einem kultischen
Zentrum; die Reichsheiligtümer Bet-El und Dan lagen an der Peripherie.
Das Nordreich
922 v.Chr.
Verstärkt durch militärischen Druck von außen, der von dem Feldzug
des Pharaos Scheschonk und von dauernden Scharmützeln mit Juda und den mit
ihm verbündeten Aramäern ausging, geriet das Nordreich in eine so bedrohliche
politische Destabilisierung, dass sich rivalisierende Heerkönige bekriegten.
So war Israel schließlich wieder bereit, den Ausbau einer starken monarchischen
Zentralinstanz hinzunehmen.
878-871 v.Chr.
Der Usurpator Omri baute Samaria auf eigenem Grund und Boden als königliche
Residenz und Hauptstadt des Reiches. Er führte Israel zielstrebig aus der
politischen Isolation, indem er sich mit den Davididen aussöhnte, seine
Tochter Athalja mit König Joram von Juda vermählte und ein Bündnissystem
zu den phönikischen und aramäischen Staaten ausbaute. Deutlichster
Ausdruck dieser Politik war die Verheiratung seines Sohnes Ahab mit Isebel, einer
phönikischen Prinzessin.
873-853 v.Chr.
Ahab setzte die Ausgleichspolitik mit den Nachbarn fort und führte so das
Nordreich zu einer neuen Blüte. 2000 Streitwagen konnte er der Koalition
der syrischen Streitmacht beisteuern.
853 v.Chr.
In der Schlacht von Karkar in Mittelsyrien besiegte die Koalition der Syrischen
Streitmacht die Assyrer. Noch heute zeugen die Ruinen der Palast- und Festungsbauten
Ahabs in Samaria, Hazor und Megiddo von der wirtschaftlichen und kulturellen
Potenz, die Israel durch die internationale Einbettung erworben hatte. Allerdings
hatte die Bündnispolitik Ahabs fatale innenpolitische Konsequenzen. Ahab
hatte für seine phönikische Frau einen Baaltempel in Samaria erbauen
lassen (1.Kön. 16,31ff.) und strebte wohl im Sinne der kulturellen Einbindung
seines Reiches ein offizielles Nebeneinander von Jahwe und dem phönikischen
Staatsgott Baal an. Dies aber rief neben sozialen Übergriffen des Königs
(1.Kön. 21) den Widerstand der konservativen prophetischen Gruppen hervor.
Die Überlieferung weiß von einer scharfen Auseinandersetzung zu berichten,
die der Prophet Elia mit Ahab führte (1.Kön. 17-19): Anstelle des Nebeneinanders
von Jahwe und Baal forderte Elia erstmals die schroffe Ausschließlichkeit
der Jahweverehrung.
851-845 v.Chr.
Unter Ahabs Sohn Joram wurde der Konflikt staatspolitisch gefährlich, als
die erfolgreiche omridische Außenpolitik erstmals Schwächen zeigte:
Die Provinz Moab, die aus davidischem Erbe an das Nordreich gefallen war, ging
um 850 verloren (Mescha-Stele), der Usurpator Hasael von Damaskus begann, Israel
in Kämpfe um das Ostjordanland zu verwickeln. Unter diesen Bedingungen gewann
die prophetische Protestbewegung politische Breitenwirkung: Ein Schüler
des Propheten Elisa salbte den Offizier Jehu zum Gegenkönig, und dieser
ging mit unglaublicher Brutalität gegen die Omriden und ihre Religionspolitik
vor: Joram und Isebel und das gesamte Königshaus wurden ermordet, der Baaltempel
von Samaria verwüstet und alle Baalpriester und Baalverehrer umgebracht
(2. Kön. 9-10).
845 v.Chr.
Diese Jehurevolution macht drastisch deutlich, zu welchen fanatischen Konsequenzen
die Alleinverehrung eines einzigen Gottes in einer polytheistischen Welt unter
den Bedingungen der Staatlichkeit führen konnte.
845-818 v.Chr.
Die schroffe Religionspolitik Jehus hatte schlimme außenpolitische Folgen.
Israel geriet erneut in die Isolation und war so in den nächsten 50 Jahren
den dauernden Angriffen der Aramäer ausgeliefert. Selbst die Hauptstadt
Samaria wurde vom Aramäerkönig Ben-Hadad belagert und fast ausgehungert.
Erst gegen Ende des 9. Jahrhunderts, als die Assyrer die Aramäer entscheidend
geschwächt hatten, aber selber noch durch den Druck des ostanatolischen
Reiches von Urartu zu sehr in ihren Kräften gebunden waren, um weiter nach
Westen vorzustoßen, stabilisierte das Nordreich sich wieder.
787-747 v.Chr.
Unter der langen Regierung des letzten Herrschers der Jehudynastie, Jerobeams
II., der das an die Aramäer verloren ge-gangene Ostjordanland wieder zurückerobern
konnte, erlebte Israel seine letzte Blüte. Der wirtschaftliche Aufschwung
unter Jerobeam II. ließ erstmals im 8. Jahrhundert eine soziale Krise aufflammen,
die, ausgelöst durch den gesellschaftlichen Umbruch infolge der Staatenbildung,
lange im Untergrund geschwelt hatte: Die breite Verarmung der traditionellen
Kleinbauernschicht wurde von der angewachsenen Schicht der Großgrundbesitzer
nicht nur teilnahmslos hingenommen, sondern auch aktiv zum eigenen Vorteil ausgenutzt.
760 v.Chr.
Der Prophet Amos klagte die Reichen seiner Zeit an, die verschuldeten Kleinbauern
schonungslos mit dem Mittel des harten antiken Kreditrechts, das neben hoher
Pfandhaftung auch Personalhaftung vorsah, in die Schuldknechtschaft zu treiben,
ihre Beschwerden vor Gericht durch Einschüchterung und Bestechung abzuwürgen
(Amos 2,6f.; 5,10-12), selbst rauschende Feste zu feiern und sich nicht um das
Auseinanderbrechen der Gesellschaft zu kümmern. Und er kündigte einer
solchen entsolidarisierten Gesellschaft, in der "Recht und Gerechtigkeit",
die Grundwerte der vorstaatlichen Zeit, nicht mehr galten, das Ende an (Amos
8,2). Wohl sprach Amos noch nicht von den Assyrern, aber doch schon hellsichtig
von Deportationen über Damaskus hinaus, wobei die Oberschicht an der Spitze
der Verschleppten ziehen werde. Nach Amos sollten sich die politischen Machtverhältnisse
im Raum Syrien-Palästina grundlegend ändern.
744 v.Chr.
Tiglatpileser III. bestieg den assyrischen Thron. Er führte Assyrien zur
Vormachtstellung im Vorderen Orient, die 100 Jahre währen sollte. Die assyrische
Politik zielte darauf ab, die unterworfenen Völker möglichst effektiv
zu beherrschen und auszuplündern. Sie ging in drei Stufen vor: 1. Schaffung
von Vasallen, die Tributleistungen zu zahlen hatten; 2. sollte der Vasall einen
Aufstand wagen, Verkleinerung seines Staatsgebietes und Umwandlung der abgetrennten
Gebiete in assyrische Provinzen; 3. bei nochmaligem Aufstand Liquidation des
Reststaates und Umwandlung in eine assyrische Provinz. Um dann noch jeglichen
Widerstand dauerhaft zu brechen und die Arbeitskraft der unterworfenen Völker
zu nutzen, führten die Assyrer Massendeportationen durch, indem sie vor
allem die Oberschicht der liquidierten Vasallenstaaten über die Provinzen
ihres Riesenreiches verstreuten. Dafür wurden in den ehemaligen Vasallenstaaten
Deportierte aus anderen Regionen angesiedelt, die, da sie ihre Existenz in der
Fremde allein dem assyrischen König verdankten, diesem gegenüber ganz
besonders loyal sein mussten.
738 v.Chr.
Nach dem Sieg über Urartu ging Tiglatpileser III. zur Unterwerfung der nordsyrischen
Kleinstaaten über. Allein schon der Eindruck dieses Sieges veranlasste den
israelitischen König Menachem, als Vasall schweren Tribut zu zahlen (1.
Stufe der Abhängigkeit). Doch die proassyrische Option hielt nicht lange.
735 v.Chr.
Antiassyrische Hofkreise brachten Pekach als Usurpator an die Macht.
734 v.Chr.
Nachdem Tiglatpileser III. in einem Blitzfeldzug bis an die Grenze Ägyptens
marschiert war, um Aschkelon und Gaza zur Räson zu bringen, schmiedete Pekach
zusammen mit Rezin von Damaskus ein antiassyrisches Bündnis, in das beide
auch Juda hineinziehen wollten. Als dieses sich weigerte, gingen sie militärisch
gegen Jerusalem vor.
733 v.Chr.
Der syrisch-ephraimitische Krieg gegen Jerusalem scheiterte.
732 v.Chr.
Tiglatpileser III. erschien wieder im Westen zur Strafaktion gegen die beiden
abtrünnigen Vasallen Pekach und Rezin von Damaskus. Damaskus wurde erobert
und zerstört, vom Nordreich die Provinzen Megiddo und Gilead abgetrennt
und ein Teil der Bevölkerung deportiert (2. Kön. 15,29); nur ein Reststaat
um Samaria herum blieb bestehen (2. Stufe der Abhängigkeit). Nun brachten
die proassyrischen Kreise den König Hosea an die Macht, der sich eilfertig
Tiglatpileser III. unterwarf.
727 v.Chr.
Tiglatpileser III. starb. Hosea nahm Tiglatpilesers Tod zum Anlass, sich durch
ein Bündnis mit Ägypten des assyrischen Jochs zu entledigen. Der Prophet
Hosea brandmarkte diese ruinöse Außenpolitik des Nordreiches, mit
der konkurrierende politische Eliten darum rangen, die Großmacht selbst
um den Preis fortlaufender Königsmorde und des Bruchs "internationaler" Verträge
für ihre Interessen einzuspannen, als selbstherrlichen Abfall von Jahwe.
Für ihn zeigte sich darin, dass die monarchische Staatsform überhaupt
nur eine Gabe des Zornes Gottes gewesen war, die Jahwe nun wieder vernichtete
(Hosea 13, 9-11). Die Strafaktion der Assyrer ließ nicht lange auf sich
warten . . .
722 v.Chr.
Salmanassar V. eroberte Samaria nach dreijähriger Belagerung; wieder wurde
ein Teil der Bevölkerung deportiert, Samaria dem assyrischen Provinzsystem
eingegliedert und fremde Bevölkerung angesiedelt (2.Kön. 17,6ff.; 3.Stufe
der Abhängigkeit). Damit hatte das Nordreich aufgehört zu bestehen.
Viele Flüchtlinge müssen damals nach Süden geströmt sein,
denn nach archäologischem Befund wuchs im ausgehenden 8. Jahrhundert v.Chr.
allein die Bevölkerung Jerusalems um das Dreifache.
Das Südreich
Die Geschichte des Staates Juda verlief bis zum Eingreifen der Assyrer sehr viel
ruhiger als die des Nordreiches. Während das Nordreich in rund 200 Jahren
zehn Dynastien verbrauchte, herrschte im Südreich bis auf eine kurze Unterbrechung
fortwährend das davidische Königshaus. Und dieses konnte sich auf die
treue Gefolgschaft der Jerusalemer Priester und des judäischen Landadels
(Volk des Landes) stützen. Überdies war es seine abgelegene Lage auf
dem judäischen Bergland, die das Südreich weit weniger in das Kräftefeld
internationaler Konflikte verwickelte. Die Situation änderte sich erst mit
der Expansion des Assyrischen Reiches.
733 v.Chr.
Als die syrisch-ephraimitische Koalition gegen Jerusalem heranrückte, um
Juda gewaltsam in ihr antiassyrisches Bündnis zu zwingen, und damit drohte,
Ahas gegen einen ihr willfährigen König auszutauschen, rief dieser
trotz der Warnungen des Propheten Jesaja Tiglatpileser III. zu Hilfe und begab
sich freiwillig in assyrische Vasallität (2. Kön. 16,5-8; 1. Stufe
der Abhängigkeit). Jesaja hatte den König aufgefordert, im Vertrauen
auf Gott abzuwarten, und das Scheitern der angreifenden Koalition angekündigt,
statt in panischer Angst den Versuch zu unternehmen, die eigene Macht dadurch
vermeintlich zu sichern, dass er den größeren Feind ins Land rief
(Jes. 7,1-9a; 8,1-8a): Fehlender Glaube würde stattdessen den eigenen Untergang
hervorrufen (Jes. 7,9b und 10-17). Ahas blieb (734-728) treuer Vasall der Assyrer;
er konnte Juda das Schicksal des Nordreiches ersparen.
705 v.Chr.
Ahas Sohn Hiskia (727-698) setzte sich nach dem Tode Sargons II. an die Spitze
einer antiassyrischen Aufstandsbewegung, zu der er nicht nur die Philisterstädte
Aschkelon und Ekron drängen, sondern auch Ägypten gewinnen konnte.
Auch gegen diese Politik hat Jesaja angekämpft; das Vertrauen auf Waffen
und Bündnispartner geißelte er als Abfall von Gott, der von diesem
geahndet werde (Jes. 30,1-5; 31,1-3). Die Strafaktion der Assyrer folgte denn
auch wenig später . . .
701 v.Chr.
Sanherib erschien in Palästina, schlug das verbündete Heer der Ägypter
bei Elteke in die Flucht, zerstörte 46 judäische Städte und riegelte
Jerusalem total ab, sodass sich Hiskia unter Zahlung eines schweren Tributes
unterwarf. Ein erheblicher Teil der judäischen Bevölkerung wurde schon
damals deportiert. Jerusalem selbst war noch einmal davongekommen, worum sich
später Legenden von der Uneinnehmbarkeit der Stadt rankten (2. Kön.
18,33ff.). Mit der riskanten Außenpolitik Hiskias war nach innen eine kultische
und soziale Erneuerungspolitik verbunden, die Hiskianische Reform. Die
Erschütterung über den Untergang des Bruderreiches im Norden setzte
unter den Oberen und Priestern des Hofes ein Reformvorhaben in Gang, um durch
Reinigung des Jahwekultes und Eindämmung der sozialen Missstände, die ähnlich
wie im Norden auch in Juda aufgebrochen waren, Judas Identität und Zusammenhalt
zu stärken. Die Urkunde dieser Bestrebungen ist wahrscheinlich das Bundesbuch
(2. Mos. 20,22 bis 23,18), die älteste israelitische Gesetzessammlung. Die
verschärfte Kontrolle über die Provinz-heiligtümer findet archäologische
Bestätigung in Arad und Beerscheba, wo Ende des 8. Jahrhunderts ein Jahweheiligtum
stillgelegt bzw. ein Altar entsakralisiert wurde.
696-642 v.Chr.
Unter der langen Regierungszeit von Hiskias Nachfolger Menasse blieb Juda treuer
Vasall der Assyrer.
Mitte des 7. Jahrhunderts v.Chr.
Mit dem überraschenden Zusammenbruch des Assyrischen Reiches kurz nach seiner
weitesten Ausdehnung entstand ein neues Machtvakuum in Palästina.
Ab 640 v.Chr.
In Juda formierte sich eine immer breiter werdende Koalition aus den judäischen
Landadligen, prominenten Angehörigen der Jerusalemer Beamtenschaft um die
Schreiberfamilie Schafan, Teilen der Jerusalemer Priesterschaft um den Oberpriester
Hilkia und einzelnen Propheten wie der Prophetin Hulda (2. Kön. 22) und
dem jungen Jeremia, um die Chance für einen Neubeginn, die das Zurückweichen
der assyrischen Macht eröffnete, für eine Erneuerung von Kult, Staat
und Gesellschaft zu nutzen.
639 v.Chr.
Setzte die Reformkoalition den erst achtjährigen Josia auf den Thron, den
sie in ihrem Sinne erzog.
622 v.Chr.
Die Reform wurde nach längeren Vorbereitungen rechtswirksam, als ein Gesetzbuch,
das unter dem Anspruch, Gesetz des Mose zu sein, verfasst worden war,
von dem jungen König als neues Staatsrecht proklamiert und durch eine feierliche
Selbstverpflichtung des ganzen Volkes in Kraft gesetzt wurde (2. Kön. 23,1-3).
Sehr wahrscheinlich ist dieses Gesetzbuch mit dem Grundbestand des deuteronomischen
Gesetzes (5. Mos. 12-26) identisch, das teilweise die Reformgesetzgebung des
Bundesbuchs fortschreibt. Die Josianische Reform war zum Ersten eine umfassende
Kultreform. Der Jerusalemer Tempelkult wurde von allen fremdländischen Einflüssen,
in die er u.a. durch die assyrische Besatzung geraten war, gereinigt (2. Kön.
23,4ff.). Um synkretistische Einflüsse ein für alle Male ausschließen
zu können, wurden alle Provinzheiligtümer abgeschafft und der Jahwekult
einzig auf den Tempel in Jerusalem beschränkt. Die Reformparole lautete:
Höre Israel, Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einer! (5. Mos. 6,4); sie sollte
zum Grundbekenntnis des Judentums werden (Schema Jisrael): Das eine Volk sollte
sich wieder in der ausschließlichen Verehrung seines einen Gottes an dem
einzigen Heiligtum vereinen. Die Reformer versuchten damit, die bedrohte Identität
ihres Volkes betont religiös durch die alleinige Jahweverehrung (Monolatrie)
zu sichern. Zum Zweiten war diese Reform eine breite Sozialreform: Das Auseinanderdriften
des Volkes in Klassen sollte durch eine Vielzahl von Schutz-gesetzen für
die verelendenden Kleinbauern eingedämmt werden, z. B. durch einen alle
sieben Jahre wiederkehrenden öffentlichen Schuldenerlass, der als Gottesdienst
proklamiert wurde (5. Mos. 15,1-11). Zum Dritten war diese Reform eine nationale
Reform: Josia versuchte, die nun frei werdenden Brüder auf dem Gebiet des
ehemaligen Nordreiches wieder mit Juda in einem davidischen Gesamtreich zu vereinen.
Darum zerstörte er das Heiligtum von Bet-El, um sie zu zwingen, zur Jahweverehrung
nach Jerusalem zu kommen. In diesem Einheitsstreben wurde er sowohl von dem jungen
Jeremia (Jer. 3,12f.; 31,26) als auch von den Schülern Jesajas (Jes. 9,1-6)
propagandistisch unterstützt. Doch wurden diese Reformbemühungen und
Expansionsbestrebungen jäh gestoppt, als die Ägypter ihrerseits in
das Machtvakuum, das die Assyrer hinterlassen hatten, hineinstießen.
609 v.Chr.
Pharao Necho II. zog nach Norden, um die alten ägyptischen Rechte über
Palästina wieder anzumelden. Hauptziel seines Heereszuges war die Stützung
eines Restreiches der Assyrer in Nordsyrien, um damit den sich abzeichnenden
Aufstieg der Neubabylonier sowie die Wiederherstellung eines israelitischen Großreiches vor
seiner Haustür zu verhindern. Josia erkannte die Gefahr und stellte
sich ihm in Megiddo in den Weg. Doch er wurde getötet, bevor die Schlacht
richtig begonnen hatte. Der Sieg Nechos und sein Eingriff in die judäische
Innenpolitik ließen die Reform zusammenbrechen. Dennoch ist ihre Bedeutung
für die Geschichte Israels kaum zu überschätzen.
Die deuteronomischen Reformer haben erstmals in der Geschichte Israels unter
Rückbesinnung auf die vorstaatlichen und Zurückschneidung der staatlichen
religiösen Überlieferungen eine einheitliche israelitische Theologie
geschaffen: Nach ihrer Sicht hatte Jahwe Israel durch die Befreiung aus der ägyptischen
Knechtschaft aus allen Völkern zu seinem Volk erwählt. Er hatte am
Sinai einen Bund mit seinem Volk geschlossen, in dem er sich verpflichtete, Israel
das Gelobte Land zu schenken, und in dem Israel sich verpflichtete, bei seinem
Retter zu bleiben, indem es seine Gebote hielt. Israel konnte das Land wieder
verlieren, wenn es Jahwes Gebote übertrat, aber es konnte seiner Treue gewiss
sein, wenn es ihm treu blieb. Mit dieser theologischen
Konzentration der verschiedenen religiösen Traditionen schufen aber die
Deuteronomiker die entscheidende Voraussetzung dafür, dass Israel seine
Identität und damit seine Existenz auch ohne Staat, ja sogar ohne Tempel
bewahren konnte. Seine Basis war von nun an ein Buch, eine Heilige Schrift, die
man zur Not auch in die Fremde mitnehmen konnte.
605 v.Chr.
Nebukadnezar II. siegte im nordsyrischen Karkemisch über die ägyptisch-assyrische
Koalition.
604 v.Chr.
Nebukadnezar II. demonstrierte in einem Heereszug bis nach Gaza, dass die Neubabylonier
gewillt waren, das assyrische Erbe anzutreten. Wahrscheinlich wurde schon in
diesem Jahr Josias Sohn Jojakim, der von den Reformern in der Erbfolge bewusst übergangen
und von Necho als sein Vasall eingesetzt worden war, Nebukadnezar tributpflichtig
(1. Stufe der Abhängigkeit). Doch trotz der Warnungen Jeremias (Jer. 36)
begann auch er, wie zuvor die Könige des Nordreichs, das riskante Spiel
wechselnder Bündnispartner.
601 v.Chr.
Das Neubabylonische Reich war mit einem Angriff auf Ägypten gescheitert.
Jojakim fiel von Nebukadnezar ab und setzte auf die ägyptische Karte. Aber
auch diesmal ließ die Strafaktion nicht lange auf sich warten . . .
598 v.Chr.
Nebukadnezar belagerte Jerusalem.
597 v.Chr.
Um die Erstürmung der Stadt zu verhindern ergab sich am 16. März Jojachin,
der Sohn Jojakim, nachdem dieser offenbar noch während der Belagerung gestorben
war. Jojachin und mit ihm ein erheblicher Teil der Oberschicht, der Kriegsleute
und der kriegswichtigen Handwerker wurden nach Babylonien deportiert (2. Kön.
24,12-16), unter ihnen auch der Prophet Ezechiel. Juda wurde erheblich verkleinert,
die südlichen Teile des Landes den Edomitern überlassen (2. Stufe der
Abhängigkeit). Nebukadnezar setzte einen weiteren Sohn Josias, Zidkija,
als seinen Vasallenkönig in dem reduzierten Reststaat ein.
594 v.Chr.
Kaum, dass das Neubabylonische Reich im Osten Schwächen zeigte, geriet Zidkija
in die Fänge nationalistischer Gruppen, die mit Unterstützung Ägyptens
ein antibabylonisches Bündnis mit den palästinischen Kleinstaaten schmieden
wollten. Jeremia warnte erneut in der aufgeheizten Hochstimmung, in der man schon
bald eine Rückkehr der Deportierten erwartete, vor einem Abfall (Jer. 27f.).
Unter den Exilierten geißelte Ezechiel den möglichen Bruch des Vasallenvertrages
durch Zidkija (Ez. 17). Doch die Nationalisten behielten die Oberhand, und der
hin- und herlavierende Zidkija ließ sich aufgrund eines ägyptischen
Bündnisversprechens hinreißen, die Vasallität gegenüber
den Neubabyloniern aufzukündigen. Dies provozierte wie Jeremia und Ezechiel
angekündigt hatten Nebukadnezar zum Vernichtungsschlag: Etwa drei Jahre
hielt die Stadt der Belagerung stand, aber auch ein ägyptischer Entlastungsangriff
brachte keine Wende.
587 v.Chr. (oder 586 v.Chr.)
Im August wurde Jerusalem von Nebukadnezar eingenommen und einen Monat später
einschließlich des Tempels völlig verwüstet (2. Kön. 25,1-21).
Zidkija wurde geblendet und nach Babylonien verschleppt, die Anführer der
nationalistischen Partei hingerichtet und ein weiterer Teil der Bevölkerung
deportiert. Ein letzter Versuch, unter dem Statthalter Gedalja das deuteronomische
Reformwerk fortzuführen und ein Gemeinwesen ohne Königtum aufzubauen,
scheiterte nach zwei Monaten; Gedalja wurde von nationalistischen Freischärlern
ermordet (2. Kön. 25,22-26; Jer. 40ff.). Damit hatte auch Juda aufgehört
zu bestehen.
Die politische Katastrophe führte nicht zur Aufgabe seiner selbst und seines
Gottes. Vielmehr setzte sie in der Exilzeit eine tiefe religiöse Reflexion
in Gang, in der Israel seinen Untergang als Beweis der alleinigen Macht seines
Gottes als des einzigen Herrn der Geschichte verstehen lernte, die alle Götter
als machtlose Götzen entlarvt und alle noch so große politische Macht
relativiert (Monotheismus: Jes. 41,21-29; 43,8-13; 44,-24 bis 45,7; 47). Aus
der Katastrophe des Exils wurde das Judentum geboren.
539 v.Chr.
Nach dem Fall des Neubabylonischen Reiches wagten mit Unterstützung des
Perserkönigs Kyros II., des Großen, beträchtliche Gruppen von
Exilierten mit den im Lande Verbliebenen einen Neuanfang.
520 v.Chr.
Der Wiederaubau des Tempels in Jerusalem begann.
Palästina
[Land der Philister] (arabisch Filastin), historische Landschaft in Vorderasien;
in der jüdisch-christlichen Tradition das Heilige Land (Gelobtes
Land); heute Bezeichnung für das Gebiet zwischen dem Mittelmeer im Westen
und dem Jordangraben bis zum Toten Meer im Osten, zwischen dem Libanongebirge
im Norden bis zum Nordsaum des Negev im Süden. Kernraum sind die Gebiete
nördlich der Linie Gaza- Beer Sheva- Totes Meer mit den drei historischen
Landschaften Judäa, Samaria und Galiläa. Größter Fluss ist
der Jordan. Hauptseen: das Tote Meer und der See Genezareth. Palästina hat
Mittelmeerklima mit reichlichen Winterniederschlägen im Gebirge (oft Schnee),
geringeren an der Küste und spärlichen im südlichen Jordantal.
Die Sommer sind warm, die Winter an der Küste frostfrei. Palästina
hat viele heilige Stätten des Judentums, des Christentums und des Islam.
132-135
Nach dem blutigen Aufstand unter Führung von Bar Kochba wurde der römische
Provinzname Iudaea (Judäa) in Syria Palaestina (unter Kaiser Diokletian
geteilt) geändert.
Nach 395
Palästina gehört zum Oströmischen (Byzantinischen) Reich. Der
Aufstieg des Christentums und dessen Interesse am Heiligen Land verschoben die
Mehrheitsverhältnisse im Land, gefördert durch rechtliche Einschränkungen
für die Juden.
Nach 425/426
Aufhebung des Patriarchats.
Ab 634
Die arabische Eroberung versetzte auch die Christen in den Status einer begrenzt
geduldeten Minderheit neben den Juden.
Ab 878
Palästina gehört (mit Unterbrechungen) zu Ägypten.
1099
Die Kreuzfahrer erobern Jerusalem und bilden das christliche Königreich
Jerusalem (bis 1291).
nach 1517
Unter der Toleranz und Dynamik des aufstrebenden Osmanischen Reiches wuchs auch
die jüdische Bevölkerung in Palästina.
18.-19. Jahrhundert
Anfang des 18. Jahrhunderts neue jüdische Zuwanderungen aus osteuropäisch-chassidischen
Regionen.
Im 19. Jahrhundert jüdische Zuwanderungen auch aus anderen orthodoxen Kreisen.
1881
Nachdem Zar Alexander II. ermordet worden war und sich herausgestellt hatte,
dass einer der Attentäter Jude war, begann die zaristische Regierung den
Antisemitismus zu schüren, der in jenem Land ohnehin stets vorhanden war.
Sie wurden verfolgt und in Ansiedlungsrayons zusammengepfercht. Mehr als hundert
jüdische Gemeinden wurden von Pogromen heimgesucht.
1882
Unter den 450.000 überwiegend muslimischen Bewohnern Palästinas leben 24.000
Juden.
Während der ersten Einwanderungswelle bis 1904 wanderten etwa 35.000 Juden
aus Russland und Rumänien nach Palästina ein. Unterstützt von
Baron Edmund de Rothschild erwarben die Siedler Grund und Boden. Kolonien, die
heute blühende Städte sind, wurden gegründet, so Rehovot, Zikhron
Jaaqov, Rishon Leziyyon oder Petah Tiqwa.
1891
Verfolgungen der Juden in Russland.
1896
Der österreichische Jude Herzl schrieb das Buch Der Judenstaat.
1897
Mit viel Geschick berief Herzl einen Kongress nach Basel ein, der die Errichtung
einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte für Juden
zum Ziel hatte. Herzl selbst wäre auch mit einem Nachtasyl für
die bedrohten osteuropäischen Juden beispielsweise in Uganda zufrieden gewesen,
doch die Mehrheit seiner Anhänger wehrte sich dagegen und konnte sich nur
das damals osmanische Palästina, das Land Israel (Erez Israel), als
Heimat vorstellen. Die konkrete Basis für die zionistische Bewegung, benannt
nach dem Namen Zion für einen Hügel in Jerusalem, wurde gelegt.
1903
Verfolgungen der Juden in Russland.
1905
Verfolgungen der Juden in Russland.
1908
In der jungen zionistischen Bewegung entbrannte ein Streit über die einzuschlagende
Politik. Herzl bevorzugte politische Verhandlungen, während andere einen
praktischen Zionismus forderten und ein Büro für Landkäufe einrichteten.
Auf den Sanddünen nahe der Hafenstadt Jaffa wurde die erste moderne jüdische
Stadt, Tel Aviv, aufgebaut.
1914
Im Oktober trat das Osmanische Reich an der Seite der Mittelmächte (Deutsches
Reich und Österreich-Ungarn) in den Krieg gegen die Ententemächte (Großbritannien
und Frankreich) ein. Für die Juden Palästinas begann nun in völkerrechtlicher
und politischer Hinsicht eine neue Zeit. Palästina wurde ein Teil des globalen
Ringens, die zionistische Bewegung gewann international an Bedeutung.
Die Juden des Jischuw (vorstaatliche jüdische Gemeinschaft) gerieten
infolge der Annullierung der Kapitulation, die das Vorrecht ausländischer
Bewohner meist Staatsangehöriger der europäischen Länder im Osmanischen
Reich begründete, unter starken türkischen Druck. Der eigentliche Herrscher
im Osmanischen Reich in dieser Zeit war Jamal Pascha, der auch die Befehlsgewalt über
das osmanische Heer in Palästina innehatte. Er hegte eine tiefe Abneigung
gegen den Zionismus und deportierte große Teile der russischen Juden, die
noch die russische Staatsbürgerschaft besaßen, nach Ägypten.
Er leitete eine Welle von Verfolgungen und vor allem die Beschlagnahme jüdischen
Eigentums ein, wodurch er vor allem die Bauern in den Kolonien, deren Arbeitstiere
und Gerätschaften konfisziert wurden, in die Armut trieb. Nur 56.000 der
1914 in Palästina ansässigen 85.000 Juden überlebten den Ersten
Weltkrieg.
1917
Die Balfour Declaration
Um die Araber zu ermutigen, sich gegen die Osmanen, die immer noch weite und
wichtige Gebiete wie Irak oder Saudi-Arabien besetzt hielten, aufzuwiegeln, versprachen
ihnen die Briten in einem Briefwechsel zwischen Henry McMahon, dem britischen
Hochkommissar in Ägypten, und Husain I. Ibn Ali, dem Scherifen von Mekka,
politische Selbstständigkeit. In sehr vager Form wurde ihnen die Gründung
eines arabischen Staates, der auch Teile von Palästina umfassen sollte,
zugesagt. Gleichzeitig fanden zwischen Charles Marie François Georges-Picot,
einem Vertreter der französischen Regierung, und Mark Sykes, einem britischen
Diplomaten, geheime Verhandlungen über die Aufteilung des Osmanischen Reiches
statt. Neben Syrien und Libanon sollte auch der nördliche Teil des heutigen
Israels Galiläa französisches Interessengebiet werden. Das Gebiet zwischen
Bagdad und dem Persischen Golf war als britische Einflusszone gedacht. An diesen
Abmachungen war auch Russland, das bis November an der Seite der Alliierten kämpfte,
beteiligt. Da die Briten jedoch das Gefühl gewonnen hatten, Frankreich zu
sehr entgegengekommen zu sein, führten sie wiederum Geheimverhandlungen
mit der zionistischen Bewegung, vor allem mit ihrem Vertreter in Großbritannien,
Chaijim Weizmann. Auf der Basis dieser Gespräche gab der britische Außenminister,
Lord Arthur James Balfour, am 2.November eine Erklärung ab, die historische
Berühmtheit erlangen sollte: Die Regierung seiner
Majestät betrachtet die Errichtung einer Nationalheimstätte für
das jüdische Volk in Palästina mit Wohlwollen und wird keine Mühe
scheuen, die Erreichung dieses Zieles zu fördern. Welche Gründe
hatten die britische Regierung bewogen, der zionistischen Bewegung in dieser
deutlichen Form ihre Unterstützung zuzusichern? Sicherlich spielte auch
eine gewisse Sympathie für das Volk der Bibel eine Rolle. Ausschlaggebend
waren hingegen realpolitische Überlegungen: Das Jahr 1917 war für die
Ententemächte an der europäischen Front sehr kritisch gewesen. Russland
musste im November 1917 aus der Koalition mit diesen Mächten ausscheren.
Die Briten glaubten nun, eine prozionistische Erklärung würde die Millionen
russischer Juden anspornen, auf eine Fortsetzung des Krieges an der Seite Großbritanniens
hinzuwirken, da eine Niederlage des mit Deutschland verbündeten Osmanischen
Reiches gleichsam die Voraussetzung darstellte, dass die Versprechen der Balfour
Declaration realisiert werden konnten. Aus diesem Grund verbreiteten die
Briten zum Beispiel mithilfe von Flugblättern diese Erklärung in den
jüdischen Zentren Osteuropas. Darüber hinaus sollte ein neuer Bundesgenosse
- die zionistische Bewegung - dazu beitragen, die Position Frankreichs im Nahen
Osten zu schwächen. Vermutlich hatten die Briten die Auswirkungen dieser
Erklärung auf lange Sicht weder erkannt noch bedacht. Sie gingen davon aus,
dass dies noch ein Kommuniqué, das im Krieg aus propagandistischen
Gründen veröffentlicht wurde, bleiben und sehr bald in Vergessenheit
geraten werde. Die zionistische Bewegung betrachtete diese Erklärung jedoch
als eine große, fast überwältigende Errungenschaft: Eine der
führenden Großmächte der damaligen Zeit erkannte die Bindung
des jüdischen Volkes an Palästina an und fühlte sich verpflichtet,
auf die Errichtung einer Heimstätte für die Juden hinzuwirken.
Nachdem es den britischen Streitkräften lange Zeit nicht gelungen war, die
Osmanen von der Sinaihalbinsel zu vertreiben und Palästina zu erobern, gelang
es den Truppen des britischen Generals Edmund Henry Hynman Allenby im Oktober,
Beerscheba und den Negev zu besetzen; am 9.Dezember marschierten sie in Jerusalem
ein. Der nördliche Teil Palästinas aber blieb unter osmanischer Herrschaft.
Am 2.11. leitete die (unter maßgeblichen Einsatz v.a. von N.Sokolow erwirkte) Balfour-Deklaration in
Palästina eine intensive zionistische Aufbauphase ein, während der
sich bereits Widerstand unter der arabischen Bevölkerung bemerkbar machte.
1918
Mit anderen Teilen der britischen Armee befreiten die australischen und neuseeländischen
Abteilungen im Verlauf des Jahres ganz Palästina von der Osmanischen Herrschaft.
Es herrschte der naive Glaube, das mit der Bibel verbundene Volk der Briten habe
das Land der Bibel für das Volk der Bibel befreit. Aber noch vor Kriegsende
wurden Probleme sichtbar, über die keiner vorher nachgedacht hatte: der
Zusammenstoß zwischen jüdischem und arabischem Nationalismus, die
imperialen Interessen Englands, im Ansatz auch internationale Verwicklungen.
Der Idealismus der Balfour-Erklärung konnte diese Gegensätze
nicht überbrücken, er verschärfte sie eher. Palästina wurde
zunächst als Occupied Enemy Territory Administration unter Militärverwaltung
gestellt und blieb dies bis Juni 1920.
Im Oktober kapitulierte das Osmanische Reich.
Im Dezember stellte die von Chaijim Weizmann geführte Zionistische Kommission fest,
dass sie in Palästina keine Befugnisse hatte, da die britische Militärregierung
die Araber nicht gegen sich aufbringen wollte. Die politische Lage war im Fluss,
auseinander strebende Interessen machten sich bemerkbar.
1919
Während der dritten Einwanderungswelle bis 1923 wanderten etwa 35.000 Juden
nach Palästina ein. Bei ihnen handelte es sich um Einwanderer mit fest umrissenen,
oft militanten, linksrevolutionären Vorstellungen mit polarisierenden Wirkungen.
Mit den Selbstverwaltungsorganen des Jischuw (bewohntes Land), wie die
Gesamtheit der jüdischen Siedlungen und Einwohner in Palästina seit
der zionistisch motivierten Einwanderung genannt wurde, legten sie die Grundlage
für die Gewerkschaft Histadrut, für die damals ausgedehnte Kibbuzbewegung
und die gesamte Arbeiterkultur.
Am 3.1. unterschrieb Emir Feisal, Befehlshaber der an der Seite Großbritanniens
kämpfenden arabischen Truppen, eine später relativierte freundliche
Erklärung, der gemäß die Araber die Rückkehr der Juden in
das Land ihrer Väter wohlwollend betrachteten. Feisal hoffte dabei wohl
auf jüdische Unterstützung bei seinem Plan, in Syrien die Königswürde
zu erlangen und seine Herrschaft dort zu etablieren.
Auf der Pariser Friedenskonferenz begannen die Siegermächte des Ersten Weltkrieges über
die Struktur eines neuen Staatensystems auf dem Gebiet der früheren Provinzen
des Osmanischen Reiches zu verhandeln. Die zionistische Bewegung unterbreitete
der Konferenz eine Landkarte über ihre territorialen Vorstellungen eines
zukünftigen jüdischen Staates, die auch Teile Libanons, Transjordaniens
und des Sinai umfasste. Natürlich wurde dies sofort von der Friedenskonferenz
zurückgewiesen.
In Syrien vermochte sich Feisal nicht durchzusetzen, da sich dort zunehmend die
Franzosen behaupteten, die dieses Gebiet auf der Grundlage des Sykes-Picot-Abkommens von
1916 für sich beanspruchten. Vermutlich mit britischer Unterstützung
brach dort ein Aufstand gegen die französische Herrschaft aus, der auch
das jüdische Siedlungsgebiet von Tel Chai im Norden Israels in Mitleidenschaft
zog.
1920
Am 1. März umzingelten Hunderte von rebellierenden Arabern Tel Chai mit
der Behauptung, dass dort Franzosen Unterschlupf gewährt worden sei, und
griffen den Ort an. Die Verteidiger konnten der Übermacht nicht standhalten; sechs
von ihnen fielen im Kampf, darunter auch Joseph Trumpeldor, der sich seit
seiner Einwanderung nach Palästina in den Dienst der Verteidiger der entlegenen
Siedlungsgebiete im Norden des Landes gestellt hatte. Sein Tod wurde für
die zionistische Bewegung zum Mythos, zum Symbol der Selbstbehauptung und zur
Verpflichtung, jüdische Siedlungen bis zum Äußersten zu verteidigen.
Auf der Konferenz von San Remo einigten sich die Siegermächte im April endgültig über
die Aufteilung der arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches. Sie schufen
ein System von Mandaten, das den Kolonialismus im althergebrachten Stile vermeiden
sollte. Als Mandatsgebiete der A-Kategorie eingestuft, galten die früheren
arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches als Gebiete, bei denen die Voraussetzungen
für Selbstständigkeit im Ansatz gegeben waren. Diese Mandate wurden
als zeitlich begrenzte Herrschaft konzipiert und waren mit der Verpflichtung
gekoppelt, den Bewohnern zur Selbstständigkeit und Selbstregierung zu verhelfen.
In diesem Rahmen erhielt Frankreich das Mandat für Syrien und Libanon ohne
den nördlichen Teil Israels, England das für den Irak und Palästina,
wobei Palästina auch Transjordanien umfasste.
Nach Beendigung der Militärverwaltung übernahm Herbert Samuel am 1.Juni
1920 als erster britischer Hochkommissar die Verwaltung des Palästinamandats.
Es kam zu wachsenden Konflikten zwischen Juden und Arabern, die einen unabhängigen
arabischen Staat Palästina forderten.
1921
Der Führer des arabischen Widerstands gegen die jüdische Besiedlung
Palästinas, Mohammed Said Amin al-Husaini, genannt Hadj Amin, behauptete,
dass eine geplante Erste-Mai-Demonstration auf das Ziel der neuen Einwanderer
hindeute, Palästina zu bolschewisieren. Er inszenierte
gewalttätige Demonstrationen, bei denen 47 Juden ums Leben kamen. Herbert
Samuel, dem es gelang, dieser Unruhen Herr zu werden, glaubte nunmehr, den arabischen
Radikalismus, besonders den al-Husainis, in kooperative Bahnen lenken zu können.
Im März starb der Mufti von Jerusalem.
Am 8. Mai ernannte Samuel den Rebellenführer al-Husaini, der noch von der
Polizei gesucht wurde, zum Nachfolger des Mufti, in der Hoffnung, die palästinensische
Gesellschaft oder wenigstens die einflussreiche Familie der Husainis der englischen
Palästinapolitik geneigter zu machen. Aber die Entwicklung nahm einen anderen
Verlauf, als es sich Samuel vorgestellt hatte. Dies hing mit der Entwicklung
der Grenzfrage zusammen.
Der englische Kolonialminister, Winston Churchill, trennte Transjordanien vom
Palästinamandat ab und gründete dort das Emirat von Transjordanien
mit dem Emir AbdAllah ibn al-Husain an der Spitze. Seinen Bruder Feisal, der
endgültig aus Syrien vertrieben worden war, ernannte die britische Regierung
zum König von Irak. Aus zunehmender Sorge über den unerwarteten arabischen
Widerstand gegen die jüdische Einwanderung veröffentlichte Winston
Churchill ein Weißbuch mit Verordnungen von grundsätzlicher Bedeutung.
Danach sollte die Einwanderung der Aufnahmefähigkeit des Landes entsprechen.
Der Geist der Balfour-Deklaration wurde damit in seiner prozionistischen
Gesinnung relativiert. Churchill schlug zudem eine Gesetzgebende Versammlung
vor, an der nur zwei Juden gegenüber zehn Arabern beteiligt sein sollten.
Die zionistische Bewegung wurde ultimativ aufgefordert, den neuen Bestimmungen,
vor allem der Abtrennung Transjordaniens, zuzustimmen, sonst sähe sich England
nicht mehr an die Balfour-Deklaration gebunden. Die zionistische Exekutive stimmte
nun dieser Änderung zu.
1922
Am 22. Juni übertrug der Völkerbund Großbritannien diesmal endgültig
das Mandat über Palästina.
1924
Jüdische Einwanderer der vierten Einwanderungswelle bis 1928 legten das
erste Fundament für eine urbane Kultur in Palästina; es entstanden
die Städte Tel Aviv und Ramat Gan. Neben dem Arbeitersektor entwickelte
sich in der Wirtschaft der private Sektor. In dieser Zeit gewann die jüdische
Gemeinde eine pluralistische Struktur.
1926
Wahlen zum "Obersten Muslimischen Rat".
1927
Arabische Kommunalwahlen in den Städten Palästinas.
1929
Der Mufti von Jerusalem hatte in den Vorjahren begonnen, im Rahmen seiner Verantwortung über
die religiösen Besitztümer und Einrichtungen der Muslime eine von seinen
Anhängern besetzte Verwaltung aufzubauen. Nachdem bei den Wahlen zum Obersten
Muslimischen Rat (1926) sowie bei Kommunalwahlen (1927) in den Städten
Kandidaten seiner innerarabischen Gegner gesiegt hatten, gewann er den Eindruck,
dass die Periode innerer Ruhe seinen Zielen nicht genützt hatte. Um seine
Herrschaft zu festigen, bediente er sich daher des Sprengstoffs religiöser
Leidenschaften. Er griff die Entgleisungen jüdischer Splittergruppen, die
die Klagemauer im Sinne des Zionismus instrumentalisieren wollten, auf und schürte
im Sommer Unruhen gegen die jüdischen Bewohner Palästinas, denen etwa
133 Juden zum Opfer fielen. Mit diesem blutigen Aufstand befestigte der
Mufti seine Herrschaft und leitete eine für die Vierzigerjahre verhängnisvolle
Entwicklung ein. Währenddessen suchte die britische Mandatsregierung im
Rahmen eines zweiten Weißbuches die jüdische Einwanderung einzuschränken.
1935
Der extremistische Führer al-Husaini stachelte zu Pogromen und der arabischen
Revolte auf.
1936
Nach Kriegsausbruch suchte der Mufti al-Husaini Kontakt zum national-sozialistischen
Regime in Berlin und plante eine Arabische Befreiungsarmee.
Am 15.4. begann der arabische Palästinaaufstand
mit dem Mord an zwei Juden, die sich auf dem Weg nach Tel Aviv befanden.
Am 19.4. 1936 überfielen arabische Rebellen Juden in Jaffa, töteten
16 und verletzten 60 von ihnen. Daraufhin setzte eine jüdische
Fluchtbewegung von Jaffa nach Tel Aviv ein.
Am 24.4. wurde in Nablus das Hohe Arabische Komitee gegründet, das bis 1948
als die, wenn auch nicht gewählte, Vertretung der Araber Palästinas
galt. In dieser Dachorganisation waren alle Gruppen aktiv, die Istiklal,
die Anhänger des Muftis und seine Gegner. Der Mufti selber wurde Vorsitzender
des Hohen Arabischen Komitees und bestimmte weitgehend den Verlauf der Ereignisse.
Das Komitee rief einen Generalstreik in Palästina aus, der so lange dauern
sollte, bis alle seine Forderungen erfüllt seien: die Beendigung der jüdischen
Einwanderung sowie neue Verhandlungen über den Status des Landes. Dieser
Streik, der natürlich nicht allgemein oder total sein konnte, dauerte
175 Tage und leitete einen neue Phase im Kampf zwischen Juden und Arabern und
im Verhältnis zu Großbritannien ein.
Der jüdische Sektor, mit dem arabischen Boykott konfrontiert, machte nunmehr
Anstrengungen, um politisch, wirtschaftlich und militärisch stärker
zu werden. In Tel Aviv wurde ein provisorischer Hafen errichtet, um nicht vom
Jaffa-Hafen, dessen arabische Arbeiter streikten, abhängig zu sein. Die
jüdischen Bauern waren selber überrascht festzustellen, dass sie in
der Lage waren, die jüdische Gemeinschaft mit Nahrungsmitteln zu versorgen.
Auch in anderen Industriezweigen kam man ohne arabische Arbeiter aus, als sie
auch dort fernblieben. Der Generalstreik schadete daher den Palästinensern
wirtschaftlich gesehen mehr als den Juden.
Von April bis Oktober
wurden 80 Juden getötet, 400 verletzt, von
der Beschädigung von Eigentum ganz abgesehen. Die arabischen
Aktivitäten, die auch antibritische Züge trugen,
veranlassten die Briten, Armeeeinheiten aus benachbarten
Ländern herbeizuschaffen, um der Unruhen Herr zu werden.
Als die Palästinenser erkannten, dass Generalstreik und Terror nicht fruchteten,
suchten sie nach einem Ausweg. Am 10.10. appellierte Nuri as-Said, der Regierungschef
des Irak, auch im Auftrag Saudi-Arabiens, Transjordaniens und des Jemen an die
Palästinenser, den Streik ohne Verzicht auf dessen Ziele zu beenden. Dieser
Bitte kam der Mufti nach.
Im November kam eine von Lord Robert Peel geführte Untersuchungskommission
ins Land, die nach Befragung aller für einen Entscheid wichtigen Persönlichkeiten
zu der Schlussfolgerung kam, dass die Teilung Palästinas in einen souveränen
jüdischen und einen souveränen arabischen Staat der einzige Ausweg
sei, von einigen Teilen des Landes abgesehen, die weiterhin unter britischem
Mandat verbleiben sollten.
Auf jüdischer Seite kam die Frage auf, wie man auf diese Situation reagieren
solle. Ben Gurion betrachtete die Lage sehr nüchtern: Für die Araber
kommt der Aufstand zu spät. Wir sind zu stark, als dass sie uns eliminieren
können. Für uns kommt der Aufstand zu früh. Wir können, auf
uns allein gestellt, seiner nicht Herr werden. Wir bedürfen noch der Kooperation
mit England. Das war auch der Grund, warum Ben Gurion die Haganah anwies,
nur zurückhaltend zu reagieren. Terror sollte nicht
mit Terror beantwortet werden, um nicht die britische Öffentlichkeit
gegen den Zionismus aufzubringen. Diese Politik wurde nicht von allen Mitgliedern
der Haganah gebilligt.
1937
Ein Teil der israelischen Politiker traten aus der Haganah aus und gründete
den ETZEL, eine nationale militärische Organisation, die mit der Revisionistischen
Partei liiert war und mit dem Gegenterror begann.
Im Juni veröffentlichte die Peel-Kommission ihren Bericht und ihre
Vorschläge. Danach sollte ein jüdischer Staat im Umfang von 5.000 Quadratkilometern
entstehen, der das Galiläische Bergland im Norden und die Küstenebene
umfassen sollte. Die zionistische Bewegung war mit den anvisierten Grenzen nicht
einverstanden, stimmte aber dem Prinzip der Teilung zu.
Im September lehnten die Araber auf ihrem Kongress in Bludan, einer Stadt
in Syrien, die Teilung ab.
Zwischen September
1937 und Oktober 1938 fielen etwa 400 Juden arabischen Terroraktionen
zum Opfer. Es gab Hunderte Verletzte und große Verwüstungen.
(Zählt man die zwischen 1920 und 1936 ermordeten 284
Juden und die hunderte von verletzten Juden hinzu, wurden
648 Juden von 1920 bis 1938 ermordet, weit über 1000
Juden verletzt und riesige wirtschaftliche Schäden angerichtet). Gleichwohl
erreichten die Araber ihr Ziel nicht, sondern eher das Gegenteil.
Die Haganah ging von der passiven Abwehr arabischer Angriffe
ab und griff unter der Devise Jezia Mehagader (den
Zaun verlassen) besonders die arabischen Orte an, in denen
die Drahtzieher des Aufstandes saßen. Um seine Besiedlungspolitik
zu sichern und zu erweitern, begann der Jischuw mit der Politik
von Choma Umigdal, der Errichtung von Schutzmauern
und Wachtürmen. Solche Gründungen erfolgten binnen
ein, zwei Tagen insgesamt etwa 60. Antiguerilla-Einheiten
und mobile Einheiten wurden aufgestellt, die Arbeit des Nachrichtendienstes
intensiviert.
Aber die internationale Lage begünstigte das Anliegen der Araber. Der britische
Premierminister Arthur Neville Chamberlain fürchtete einen deutschen Angriff
im Nahen Osten. Er wusste, dass die Kanalzone nur zu verteidigen war, wenn die
Bevölkerung dort England wohlgesonnen blieb, jedenfalls nicht aktiv Partei
für Mussolini oder Hitler ergreifen würde. Der Zionismus wurde von
ihm zusehends als ein Störfaktor betrachtet, der die Position Englands im
Nahen Osten und in der islamischen Welt untergrub. Peels Vorschläge, einen
jüdischen Staat von ungefähr 5.000 Quadratkilometern zu gründen,
wurde jetzt plötzlich als projüdisch erachtet. Eine neue Kommission,
benannt nach ihrem Vorsitzenden Sir John Woodhead, schlug einen jüdischen
Staat zwischen Zichron Jakov und Tel Aviv vor eine Enklave in der Größe
von 1.250 Quadratkilometern entlang der Küste. Darüber hinaus setzte
die Regierung in London Harold MacMichael, einen dezidiert proarabischen Politiker,
als Hochkommissar in Palästina ein.
1938
Nachdem der Aufstand im Oktober/November militärisch im Wesentlichen eingedämmt
worden war, suchte MacMichael die Araber zu beschwichtigen.
1939
Im Februar lud Chamberlain Juden wie Araber zu Gesprächen in den Saint-James-Palast
in London ein. Die Araber weigerten sich bei dieser Gelegenheit,
mit den Juden direkt zu verhandeln; britische Beamte, oft Chamberlain
persönlich, pendelten zwischen den getrennten Delegationen beider Seiten, übermittelten
ihre Vorschläge, gaben bekannt, was sie wollten und was sie ablehnten. Natürlich
wurde kein Einvernehmen erzielt. Chamberlain ließ sich jedoch nicht beirren.
Er sah sich ironischerweise sogar bestätigt. Er spürte, dass ein Krieg
unausweichlich sein werde. In diesem Fall zählten die Sympathie und das
Wohlwollen der arabischen Welt mehr als die Sympathie der Juden. Hinzu kam, dass
er sich der Unterstützung der Juden ohnehin gewiss sein konnte. Die Araber
hatten die Möglichkeit, zwischen London und Berlin zu lavieren. Diese Möglichkeit
stand den Juden nicht offen. Die Briten konnten jedoch nicht, selbst wenn sie
es wollten, die etwa 450.000 Juden, die z.Z. bereits in Palästina lebten,
ignorieren. So versuchten sie weiterhin, die Araber zu beschwichtigen.
In ihrem am 15.5. veröffentlichten dritten Weißbuch verfügten
die Briten die Begrenzung der Einwanderung für die kommenden fünf Jahre
auf 75.000 Personen. Danach sollte sie nur mit Zustimmung der Palästinenser
erfolgen; der Bodenerwerb wurde praktisch unmöglich gemacht. Die Juden sollten
sich mit der Situation abfinden, in Palästina eine Minderheit von etwa einem
Drittel der Bevölkerung zu bleiben.
Der Jischuw kämpfte gegen die Festlegungen des Weißbuchs, intensivierte
die Einschleusung von Einwanderern nach Palästina und verstärkte die
Angriffe auf Einrichtungen der britischen Armee. Über all dem lag die Erkenntnis,
dass es in Europa sehr bald zu einem Krieg kommen werde, in dem England gegen
das nationalsozialistische Deutschland und folglich, gewollt oder ungewollt,
für das Überleben des jüdischen Volkes kämpfen werde. Das
hemmte die jüdische Bereitschaft, gegen die Briten vorzugehen.
Das Gefühl, dass es sehr bald so weit sein werde, beherrschte auch
den 21. Zionistenkongress, der im August in Zürich stattfand. Es war eine
bedrückende Atmosphäre, da viele der Delegierten ahnten, dass sie sich
das letzte Mal sehen würden; sie nutzten die Gelegenheit, Kameraden,
lebt wohl zu sagen. Die Kriegsgefahr war da, dennoch: Der Schwerpunkt der
Verhandlungen lag in der Formierung des Widerstands gegen das britische Palästinaweißbuch.
Ben Gurion schilderte vor den Delegierten die Ursachen des Konflikts mit der
Mandatsregierung. Er verkannte nicht, dass dieses Weißbuch, sollte es angewandt
werden, eine tödliche Gefahr für den Zionismus bedeutete.
Bis Ende des Jahres baute die zionistische Bewegung eine vorstaatliche Infrastruktur
auf.
1940er-Jahre
Auseinandersetzungen zwischen Juden und britischer Verwaltung. Großbritannien
bringt die Palästinafrage vor die UN.
Der Massenmord an den europäischen
Juden schwächte die zionistische Bewegung sehr. Das
große Menschenpotenzial des osteuropäischen Judentums existierte nach
1945 nicht mehr. Einige Hunderttausend jüdische Heimatlose in Europa suchten
eine Zufluchtstätte.
1945
Die britische Mandatsregierung verweigerte
im Sinne ihrer Weißbuchpolitik den in Europa zu Tausenden
in Displaced Person Camps notdürftig untergebrachten Überlebenden
der Schoah die Einwanderung nach Palästina. Erreichten
von der Jewish Agency gecharterte Schiffe dennoch das Mandatsgebiet,
so wurden sie nicht selten mit militärischer Gewalt
zum Abdrehen gezwungen und ihre Passagiere auf Zypern interniert.
Ab September
gingen Haganah, Etzel und Lechi dazu über,
britische Polizeiposten, Militärdepots, Regierungsgebäude
und Eisenbahnobjekte zu attackieren, um die Forderung nach
dem jüdischen Staat zu bekräftigen und zu erreichen,
dass die Einwanderungsbeschränkungen außer Kraft
gesetzt wurden.
Im Gegensatz dazu forderten die ab
dem 22. März in der Arabischen Liga zusammengeschlossenen
Staaten, den arabischen Charakter Palästinas zu bewahren,
die jüdische Einwanderung und den Landverkauf an Juden
zu verbieten, die britische Vormundschaft zu beenden und
einen unabhängigen Staat Palästina zu schaffen.
1947
Nachdem die britische Regierung im Frühjahr den Vereinten Nationen die Lösung
des Palästinaproblems übertragen hatte, schlug im September ein Sonderausschuss
der UNO-Generalversammlung vor, das britische Mandat zu beenden und Palästina
nach einer Übergangsperiode in die Unabhängigkeit zu entlassen. Über
die weiteren Schritte uneins, empfahl die Mehrheit des Ausschusses, Palästina
in zwei Staaten zu teilen, Jerusalem zu internationalisieren und eine Wirtschaftseinheit
beider Staaten zu schaffen; die Minderheit plädierte für die Gründung
eines palästinensischen binationalen Föderativstaates. Am 29.November
beschloss die II. Generalversammlung daraufhin mit 33 gegen 13 Stimmen bei zehn
Enthaltungen die Resolution 181 (II), die im Wesentlichen dem Mehrheitsplan entsprach. Der
arabische Staat sollte danach 11.100 Quadratkilometer umfassen; in diesem Territorium
lebten zu diesem Zeitpunkt 725.000 Araber und 10.000 Juden. Für den jüdischen
Staat waren 14.100 Quadratkilometer vorgesehen, Siedlungsgebiet von 498.000 Juden
und 407.000 Arabern. Im internationalen Gebiet von Jerusalem, weniger als einem
Prozent der Fläche Palästinas, lebten 105.000 Araber und 100.000 Juden. Während
die Juden Palästinas den Teilungsplan begrüßten, lehnte die arabische
Seite ihn strikt ab. Es kam nun zu erbitterten Gefechten zwischen arabischen
Freischärlern und jüdischen Militärorganisationen. Mit
der Operation Dalet suchte die Haganah, alle dem jüdischen
Staat zugedachten Gebiete sowie jüdische Siedlungen jenseits der UNO-Grenzziehung
zu sichern.
Die britischen Mandatsregierung
bringt die Insassen des Flüchtlingsschiffes Exodus nach
Deutschland zurück.
1947-48
Durch die Flucht beziehungsweise Vertreibung von 600.000 bis 850.000 Arabern
(Palästinensern) aus Israel entstanden in den arabischen Nachbarstaaten
große Flüchtlingslager. Im Gegenzug begannen
die arabischen Staaten die oft über 2000 Jahre ansässigen Juden aus
ihren Ländern zu vertreiben: Den Anfang machten Irak und Jemen, später
folgten Marokko, Algerien, Libyen und Ägypten, sodass die vor 1948 mehrheitlich
europäisch-jüdische Bevölkerung im Laufe der 1950er- und 1960er-Jahre
eine starke orientalisch-jüdische Komponente aufwies. Hinzu kamen Überlebende
der Konzentrationslager aus Europa. Zwischen 1948 und 1967 wuchs die jüdische
Bevölkerung Israels von 656.000 auf 2,3 Millionen an. Anfang der Fünfzigerjahre
sah sich die Regierung zeitweilig gezwungen, Zelt- und Barackenstädte zu
errichten. Bis Mai 1952 waren 111 Maabarot (Übergangslager) entstanden,
in denen 250.000 Menschen lebten.
1948
Bei schweren Kämpfen um die Straße von Tel Aviv nach Jerusalem richteten
am 9.4. Abteilungen des Irgun im Dorf Deir Jasin ein Massaker an, dem
354 Palästinenser zum Opfer fielen. Daraufhin nahm die Massenflucht
der arabischen Bevölkerung zu.
Am Nachmittag des 14. Mai war in Tel
Aviv der jüdische Nationalrat, das Parlament des Jischuw,
zu einer öffentlichen Sitzung zusammengetreten. Nach
der Bildung einer provisorischen Regierung verlas Ben Gurion
als erster Ministerpräsident die Unabhängigkeitserklärung
des Staates Israel, der 77% Palästinas umfasste (Jom
Haazmaut). Wenige Stunden später wurde Israel von den
USA de facto und von der UdSSR de jure anerkannt.
In der Nacht vom 14. zum 15. Mai marschierten
die Armeen Ägyptens, Transjordaniens, Syriens, Iraks
und Libanons in Palästina ein, um die Proklamation des
jüdischen Staates rückgängig zu machen. Für
Israel ging es in diesem Krieg somit um die Existenz und
um den Erhalt von Unabhängigkeit und Souveränität.
Am 15. Mai endete das britische Mandat über
Palästina. Am selben Tag kam es zum 1. Israelisch-Arabischen
Kriegs (Palästinakrieg; Nahostkonflikt) in dem sich
Israel behauptete.
Am 28. Mai wurde die Israelische Verteidigungsarmee
geschaffen, deren Oberkommando alle bewaffneten Kräfte
unterstanden.
Im Juli konnte Israel, nicht zuletzt
dank umfangreicher Waffenlieferungen aus der Tschechoslowakei
sowie finanzieller Unterstützung aus den USA und anderen
Ländern, zur Gegenoffensive übergehen. Der Kampf
um das Überleben des jüdischen Staates war zeitweilig
von heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen begleitet.
Ben Gurion ließ Ende Juni das Schiff Altalena,
das Waffen und Freiwillige für den Etzel an Bord
führte, beschießen.
Am 17. September ermordeten
Mitglieder des Lechi den UNO-Vermittler Folke Bernadotte. Ben
Gurion erklärte daraufhin die beiden Militärorganisationen
für illegal.
1949
Der Unabhängigkeitskrieg endete im Januar mit dem militärischen Sieg
Israels. Unter UNO-Vermittlung kamen Waffenstillstandsverträge mit Ägypten,
Libanon, Jordanien und Syrien zustande; Irak zog seine Truppen ohne vertragliche
Regelung ab. Die Waffenstillstandslinien, die zu den Staatsgrenzen Israels werden
sollten, vergrößerten das israelische Territorium von 14.100 Quadratkilometer
auf 20.700 Quadratkilometer. Die israelische Besetzung arabischer Gebiete, die
jordanische Annexion des Westjordangebiets und Ostjerusalems sowie die Unterstellung
des Gazastreifens unter ägyptische Verwaltung verhinderten auf lange Sicht
die Entstehung eines arabisch-palästinensischen Staates. Eine schwere Friedenshypothek
bildete das Problem der arabischen Palästinaflüchtlinge. Der Exodus
der Palästinenser hatte im Dezember 1947 mit dem Weggang eines großen
Teils der in den Städten angesiedelten begüterten Oberschicht begonnen,
dem die Bewohner ganzer Stadtviertel und vieler Dörfer folgten. Eine zweite
Fluchtwelle wurde durch die Offensive der Haganah und die gegen die arabische
Bevölkerung gerichteten Terrorakte von Etzel und Lechi im
April/Mai 1948 ausgelöst. Die meisten Menschen flohen jedoch aufgrund der
unmittelbaren Kriegshand-lungen: Arabische Einheiten ließen bei ihrem Vormarsch
bzw. Rückzug Ortschaften evakuieren; israelische Einheiten zerstörten
Dörfer, die sie nach ihrer Eroberung nicht besetzt halten konnten. Umstritten
ist bis heute, inwieweit arabische Politiker die Palästinenser zur Flucht
aufgefordert haben. Die Zahl der in den Zeltlagern der Nachbarstaaten zu Versorgenden
stieg täglich an; bis Oktober 1948 registrierte das UNO-Hilfswerk für
Palästina bereits über 650.000 Flüchtlinge.
Die erstmals am 25.1. durchgeführten Wahlen zur Knesset,
dem israelischen Parlament, bestätigten die sozialdemokratische Mapai (Israelische
Arbeitspartei) als führende Regierungspartei; Ben Gurion blieb Ministerpräsident.
Ein Vertreter des liberalen Flügels im Zionismus, Chaijim Weizmann, wurde
erster Staatspräsident. Bis 1977 folgten folgende Ministerpräsidenten:
M.Scharrett, L.Eschkol, G.Meir, I.Rabin und folgende Staatspräsidenten:
I.Ben Zwi, S.Schasar, I.Navon, E.Katzir, C.Herzog, E.Weizman. Die folgenden zwei
Jahrzehnte waren gekennzeichnet durch Aufbau und Konsolidierung des neuen Staatswesens,
schnelle landwirtschaftliche und industrielle Entwicklung sowie die Eingliederung
Hunderttausender Neueinwanderer.
Das Spannungsverhältnis zu den arabischen Staaten,
die Israels staatliche Existenz infrage stellen, und das Palästinenserproblem
steigerten sich mit starken internationalen Aspekten zum Nahostkonflikt.
1950
Ostpalästina wurde Jordanien angegliedert (Westjordanland); der Gazastreifen
kam unter ägyptische Treuhandverwaltung.
Mit der Unterstützung amerikanischer Positionen im
Koreakrieg, bekannte sich Isreal zur westlichen Welt.
1951
Auseinandersetzungen um das Wiedergutmachungsabkommen mit der Bundesrepublik
Deutschland für die Ermordung von etwa sechs Millionen Juden in deutschen
Vernichtungslagern und deren Güterkonfission bestimmten die innenpolitischen
Debatten. Ein Drittel der jüdischen Weltbevölkerung
war getötet, Hunderte jüdischer Gemeinden waren ausgelöscht
worden.
1952
Die Beziehungen zu Deutschland waren in der israelischen Bevölkerung heiß umstritten.
Die Abstimmung, die am 9. Januar in der Knesset über die Frage, ob Gespräche
mit der Bonner Regierung aufzunehmen seien oder nicht, stattfand, legte dafür
beredtes Zeugnis ab: 61 Abgeordnete votierten dafür, 5 enthielten sich und
50 sprachen sich dagegen aus. Am 10.10. unterzeichneten
Israel und die Bundesrepublik Deutschland das Luxemburger Abkommen, das westdeutsche
Zahlungen an Israel, vornehmlich in Form von Warenlieferungen, in Höhe von
drei Milliarden DM sowie Entschädigungszahlungen in Höhe von 450 Millionen
DM an die Conference on Jewish Material Claims against Germany, die jüdische
Opfer außerhalb Israels vertrat, festlegte. Neben anderen auswärtigen
Zuwendungen an Israel trugen die westdeutschen Leistungen zur beschleunigten
industriellen Entwicklung des Landes bei. Sie legten den Grundstein für
die späteren intensiven deutsch-israelischen Wirtschaftsbeziehungen; nach
den USA stieg die Bundesrepublik Deutschland zum zweitwichtigsten Handelspartner
Israels auf. Die Schatten der Vergangenheit belasteten in den folgenden Jahren
dennoch die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland.
Die anfänglich guten Beziehungen zur UdSSR, die die
Gründung Israels befürwortet und den jüdischen Staat während
des Unabhängigkeitskrieges militärisch unterstützt hatte, verschlechterten
sich rapide im Umfeld des von Stalin in Prag inszenierten antisemitischen Slánský-Prozesses,
in dem auch zwei Israelis auf der Anklagebank saßen.
1953
Kurzzeitig kam es zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen Israels zur UdSSR.
Mitte 1950er
Die Situation an der ägyptisch-israelischen Grenze spitzte sich zu; bewaffnete Überfälle
palästinensischer Fedajin auf den jüdischen Staat von ägyptischem
Territorium aus beantwortete die israelische Armee mit massiven Vergeltungsschlägen.
1956
Sueskrieg (; 2.Israelisch-Arabischer Krieg).
Die von Gamal Abd el-Nasser verfügte Schließung der Straße von
Tiran für israelische Schiffe, seine anhaltende Weigerung, israelischen
Frachtern die Durchfahrt durch den Suezkanal zu gewähren, sowie die Aufrüstung
der ägyptischen Armee mit sowjetischen Waffen werteten Ben Gurion und andere
israelische Politiker als unmittelbare Infragestellung der Sicherheit ihres Landes.
In der Überzeugung, nationalen Interessen zu dienen und über die aktive
Unterstützung Frankreichs und Englands bei der Rückeroberung des von
Nasser verstaatlichten Suezkanals zu einem festen Verbündeten der westlichen
Welt zu werden, stimmte die israelische Regierung einem gemeinsamen Militärschlag
gegen Ägypten zu. Die Kampfhandlungen dauerten vom 29. Oktober bis zum 6.
November. Für Ägypten endeten sie mit einer militärischen Niederlage,
zugleich jedoch mit einer innen- wie außenpolitischen Aufwertung der Regierung
unter Nasser. Israel, das als militärischer Sieger aus dem Suezkrieg hervorging,
bewies mit der schnellen Besetzung des Gazastreifens und der Halbinsel Sinai,
dass seine mit moderner Militärtechnik westeuropäischer Herkunft ausgerüstete
und hoch motivierte Armee zur stärksten regionalen Militärmacht aufgestiegen
war. Ägypten wurde gezwungen, die Straße von Tiran für
die israelische Schifffahrt zu öffnen.
1957
Die nach dem Abzug der israelischen Truppen ab März auf Sinai stationierten
UNO-Truppen garantierten israelischen Schiffen die Durchfahrt durch den Golf
von Akaba. Generell gelang es Israel im folgenden Jahrzehnt, seine Wirtschaftskraft
zu stärken und Handelsbeziehungen zu vielen Staaten Asiens und Afrikas aufzunehmen.
1961
In Jerusalem findet der Eichmann-Prozess statt.
1962
Deutsche Spezialisten beteiligen sich am ägyptischen Raketenrüstungsprogramm.
1965
Die Bundesrepublik Deutschland und Israel nahmen Diplomatische Beziehungen auf.
1967
Sechstagekrieg (3. Israelisch-Arabischer Krieg).
Der ägyptische Präsident, auf die Unterstützung der UdSSR
bauend, suchte im Frühjahr durch zugespitzte antiisraelische Polemik panarabischen
Langzeitzielen näher zu kommen und gleichzeitig von innenpolitischen Problemen
abzulenken. Ende Mai erwirkte er den Abzug der 1957 auf Sinai stationierten UNO-Truppen.
Diese Aktion und die erneute Sperrung der Straße von Tiran für
israelische Schiffe wurden von der Regierung des jüdischen Staates als unmittelbare
Bedrohung nationaler Sicherheitsinteressen verstanden, der nur durch einen Präventivschlag
begegnet werden könne.
Am 5. Juni beginnt die israelische Armee mit einem vernichtenden
Schlag gegen die ägyptische Luftwaffe den 3. Nahostkrieg. Der Krieg, an
dem sich aufseiten Ägyptens auch Syrien und Jordanien beteiligten, endete
bereits nach sechs Tagen. Dieser Sechstagekrieg, den die große Mehrheit
der Israelis als Mittel zur Sicherung der nationalen Existenz billigte, veränderte
die politische Landkarte des Nahen Ostens. Israel besetzte
das Westjordangebiet einschließlich Ostjerusalem, den Gazastreifen, die
Golanhöhen und die Halbinsel Sinai. Das Flüchtlingsproblem verschärfte
sich. Von den 1,3 Mio. palästinensischen Bewohnern des Westjordangebiets
und des Gazastreifens flohen infolge der Kriegsereignisse laut UNO-Statistiken
etwa 500.000 in die arabischen Nachbarstaaten; 220.000 von ihnen waren Vertriebene
des Kriegs von 1948/49.
Am 22. November verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat die
Resolution 242, die Israel aufforderte, seine Truppen aus den während des
Kriegs besetzten Gebieten zurückzuziehen. Die am Konflikt beteiligten Seiten
sollten den Kriegszustand beenden, die Souveränität und territoriale
Integrität aller Nahoststaaten anerkennen, die freie Schifffahrt durch die
internationalen Wasserstraßen der Region garantieren sowie eine gerechte
Lösung des Flüchtlingsproblems suchen.
1968-70
Der Abnutzungskrieg am Suezkanal forderte mehr israelische Tote als der Sechstagekrieg
im Juni 1967.
1970
Die PLO hatte ihre Hauptstützpunkte in den Libanon verlegt und sich besonders
in den südlichen Landesteilen als Staat im Staate etabliert.
Im August konnte ein erneuter Waffenstillstand mit Ägypten
vereinbart werden. Die relative Ruhe währte jedoch nicht lange.
1973
Jom-Kippur-Krieg (4.Israelisch-Arabischer Krieg).
Am jüdischen Fastentag Jom Kippur und zugleich im islamischen Fastenmonat
Ramadan eröffneten Ägypten und Syrien am 6.Oktober mit einem Überraschungsangriff
den 4. Nahostkrieg. Obwohl es der ägyptischen Armee gelang, die israelischen
Befestigungen am Suezkanal zu durchbrechen und tief in den Sinai einzudringen,
konnte die arabische Seite ihr Kriegsziel, die 1967 verlorenen Gebiete zurückzugewinnen,
nicht erreichen; der Krieg endete mit einem militärischen Patt. Für
Israel, dessen Politiker und Militärs der Waffengang unvorbereitet traf,
wurde er zum Trauma; der Nimbus der Unbesiegbarkeit der israelischen Armee war
infrage gestellt.
1974
Im Januar und im Mai wurden Truppenentflechtungsabkommen mit Ägypten und
Syrien unterzeichnet. Unter Vermittlung des amerikanischen Außenministers
H.A. Kissinger gab Israel in einem Vertrag mit Ägypten einen Streifen am
Sueskanal, in einem Abkommen mit Syrien das Gebiet um Kuneitra auf den Golanhöhen
zurück.
Guerillaaktionen der palästinensischen Araber (Palästinensische
Befreiungsorganisation) suchte Israel durch militärische Kommandounternehmen
gegen palästinensische Basen (besonders im Libanon) entgegenzuwirken.
Die 1964 gegründete Palästinensische Befreiungsorganisation
(PLO) wird von Israel als alleinige Vertreterin der Palästinenser anerkannt.
1975
Im September verpflichteten sich Israel und Ägypten im Sinai-Abkommen,
den Konflikt mit friedlichen Mitteln zu lösen und sich künftig der
Androhung oder Anwendung von Gewalt zu enthalten. Die israelisch-ägyptischen
Gespräche wiesen einen ersten Weg zur Eindämmung, vielleicht sogar
zur Regelung des Nahostkonflikts.
1977
Mit den Wahlen zur 9. Knesset am 17. Mai endete die 29-jährige Regierungsdominanz
der Sozialdemokratie. Der Maarach, dem die aus der Mapai hervorgegangene
Partei der Arbeit und die links-sozialistische Mapam angehörten,
wurde vom Likud-Block, der sich vor allem aus Cherut und Liberaler
Partei zusammensetzte, abgelöst (Ministerpräsident bis 1983 M.Begin,
dann Y.Schamir); er setzte eine intensive Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten
in Gang. Dieser Regierungswechsel war das Ergebnis einer langjährigen gesellschaftlichen
Entwicklung in Israel. Zwischen 1967 und 1977 waren liberale und konservative
Kräfte erstarkt. Nicht wenige Unternehmer profitierten von der Besetzung
der arabischen Territorien und von der gewachsenen Attraktivität der israelischen
Wirtschaft für das Auslandskapital. Viele von ihnen unterstützten den Likud politisch
und finanziell. Die Mehrheit der Wähler des Likud kam aber aus den
Armenvierteln Tel Avivs, Haifas und Jerusalems sowie aus den Entwicklungsstädten.
Infolge der Verschlechterung ihrer sozialen Lage mit der Regierungspolitik unzufrieden,
hatten sich im Verlauf der Siebzigerjahre viele Orientalen vom Maarach,
den sie mit dem Establishment gleichsetzten, abgewandt.
Zu den ersten spektakulären Erfolgen der neuen Regierung
auf außenpolitischem Gebiet gehörten der Besuch des ägyptischen
Präsidenten Mohammed Anwar as-Sadat am 19.November in Jerusalem, mir dem
dieser eine Friedensinitiative gegenüber Israel ein leitete.
1978
Von den Staats- und Regierungschefs Israels, Ägyptens, USA wird am 17.9.
das Abkommen von Camp David unterzeichnet.
1979
Das Abkommen von Camp David sowie der am 26. März folgende Friedensvertrag
zwischen Ägypten und Israel waren Ergebnisse eines komplizierten Verhandlungsprozesses.
Obwohl heftig umstritten und von den arabischen Staaten sowie von den Palästinensern
weitgehend abgelehnt, zeigten sie die Möglichkeit, eine stufenweise Nahostregelung
auf der Grundlage von Kompromissen zu erreichen. Ägypten erhielt die 1967
besetzte Halbinsel Sinai zurück und verließ die antiisraelische arabische
Ablehnungsfront. Es begann ein Prozess bedingter Normalisierung der Beziehungen
zwischen beiden Staaten. Beide Staaten leiteten Verhandlungen über die Autonomie
der palästinensischen Araber ein.
1980
Im April werden der Verhandlungen über die Autonomie der palästinensischen
Araber abgebrochen.
Am 30. Juli erklärte die Knesset ganz Jerusalem zur
Hauptstadt Israels.
1981
Am 14. Dezember fasste die Knesset den Beschluss, die Golanhöhen zu annektieren.
1982
5.Israelisch-Arabischer Krieg.
Mit dem Einmarsch seiner Truppen im Juni in den Südlibanon suchte Israel
den Libanon als palästinensische Angriffsbasis auszuschalten, Ruhe und Sicherheit
an der israelischen Nordgrenze herzustellen und die politische Neuordnung im
Libanon so weit zu beeinflussen, dass der Abschluss eines Friedensvertrages in
den Bereich des Möglichen rückte (Abzug der PLO). Obwohl die israelische
Regierung bei Kriegsbeginn am zunächst nur von der Eroberung eines Sicherheitskorridors
von 40 km Tiefe sprach, drang ihre Armee innerhalb weniger Tage tief in libanesisches
Territorium ein. Am 9. Juni stand sie vor den Toren Beiruts und begann in den
folgenden Tagen, die westlichen Stadtteile zu bombardieren. Unter dem Druck der
sich verschlechternden Kampfbedingungen und der großen Zahl von Opfern
unter der Zivilbevölkerung stimmte die PLO-Führung nach Vermittlung
durch die USA letztlich dem Abzug ihrer bewaffneten Einheiten aus Libanon zu.
Während des Kriegs wurde erstmals der nationale Konsens in Israel die Notwendigkeit,
gegen den äußeren Feind zusammenzustehen aufgebrochen.
Die israelische Antikriegsbewegung protestierte
in Tel Aviv machtvoll gegen die im September von libanesischen Milizen verübten
und von der israelischen Armee geduldeten Massaker in den palästinensischen
Flüchtlingslagern Sabra und Schatila.
1984
Die am 23.7. vorgezogenen Parlamentswahlen führten zur Koalition von Likud-Block
und Israelischer Arbeitspartei; nach dem Rotationsprinzip amtierte zunächst
S.Peres (September 1984 bis Oktober 1986), danach Y.Schamir als Ministerpräsident.
1985
Nach dem weitgehenden Abzug der israelischen Armee aus dem Libanon stand in der
2.Hälfte der Achtzigerjahre erneut die Haltung zu den besetzten palästinensischen
Gebieten im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Während sich die
sozial-demokratisch geführten Regierungen darauf konzentriert hatten, neue
Siedlungen an strategischen Punkten in der Umgebung Jerusalems, im Jordantal
und im östlichen Vorfeld der israelischen Grenze anzulegen, die dicht mit
arabischer Bevölkerung besiedelten Regionen jedoch weitgehend ausklammerten,
war die Politik des Likud ab 1977 darauf gerichtet, die 1967 besetzten Territorien
umfassend zu besiedeln und wirtschaftlich mit Israel zu verflechten. Zwischen
1984 und 1992 wuchs die Anzahl der Siedlungen von 114 auf 137 und die Zahl der
Siedler von 42.000 auf 107.000.
1987
Der Palästinenseraufstand (Intifada)
Die schrittweise Inbesitznahme des palästinensischen Bodens und der Wasserressourcen
gehörte zum Ursachenbündel für die im Dezember in Gaza und im
Westjordangebiet ausbrechende Intifada, die Erhebung der Palästinenser.
Vor allem die junge Generation, geboren nach dem Junikrieg von 1967, rebellierte
gegen die Besatzungsmacht. Der Krieg der Steine verband sich mit dem Streik der
etwa 100.000 in Israel arbeitenden Palästinenser, mit der Schließung
von Geschäften in Ostjerusalem und anderen Städten sowie mit dem zeitweiligen
Boykott israelischer Waren. Die Regierung der großen Koalition, zu der
sich seit 1984 die Partei der Arbeit und der Likud unter Einbeziehung mehrerer
kleinerer Parteien zusammengefunden hatten, war anfangs bemüht, der Intifada mit
einer Politik der harten Faust zu begegnen. Sie musste jedoch zunehmend einsehen,
dass der zunächst sporadische und weitgehend spontane Widerstand in eine
organisierte Erhebung überging, die breite Schichten der palästinensischen
Bevölkerung und fast alle politischen und ideologischen Strömungen
erfasste. Auch in der israelischen Gesellschaft zeitigte die Intifada tief greifende
Auswirkungen. Die 1967 begonnene und nach 1977 forcierte Verflechtung der besetzten
Gebiete mit Israel verlangsamte sich. Einbußen im Tourismussektor und erhöhte
Besatzungskosten belasteten das israelische Staatsbudget. Materiell nicht messbar
war der moralische Schaden. Die Verteidigungskräfte wurden unzulässig
als Repressivorgane gegen Zivilisten eingesetzt; die Zahl der Wehrpflichtigen,
die den Dienst in den besetzten Gebieten verweigerten, nahm zu. Selbstverständnis
und Funktionsfähigkeit der Armee standen öffentlich zur Diskussion.
Zugleich wuchs die internationale Reputation der PLO. Die israelische Friedensbewegung,
die nach dem Rückzug der Armee aus Libanon an Gewicht verloren hatte, trat
mit Beginn der Intifada wieder stärker in Erscheinung.
Ab Mitte Dezember gewann die radikale, sich am islamischen
Fundamentalismus (Muslim-Bruderschaft) orientierende Islamische Widerstandsbewegung Hamas zunehmende
Bedeutung; sie strebt die Errichtung eines islamischen Staates in ganz Palästina
(und darüber hinaus in ganz Arabien) an und lehnt entgegen der PLO Friedensverhandlungen
mit Israel ab.
1988
Nachdem Jordanien im Juli seine rechtlichen und administrativen Bindungen zum
Westjordanland abgebrochen und es faktisch an die PLO abgetreten hatte, rief
diese im November einen unabhängigen international
nicht anerkannten Staat Palästina aus.
Nach den ordentlichen Parlamentswahlen am 1. 11. wird die
Koalition von Likud-Block und Israelischer Arbeitspartei fortgesetzt.
1989
Israel gibt im Februar Taba an Ägypten zurück.
J.Arafat wird provisorisches Staatsoberhaupt Palästinas
1990
Die Koalition zerbricht im März an der Frage der Beteiligung der PLO an
Friedensgesprächen (nach einem von USA-Außenminister J.Baker im Herbst
1989 vorgelegten Friedensplan).
Die im Juni v.a. vom Likud-Block gebildete Regierung unter
Schamir lehnte Verhandlungen mit der PLO ebenso strikt ab wie eine Anerkennung
des Staates Palästina.
1991
(Madrider Nahost-friedenskonferenz).
Am 30. Oktober beginnen in Madrid unter Schirmherrschaft der USA und der Sowjetunion
Friedensgespräche, die den Auftakt zu einer Reihe offizieller Begegnungen
bildeten, die in den folgenden zwei Jahren zwischen Delegationen Israels, Syriens,
Jordaniens und Libanons in Washington stattfanden, wobei Vertreter der Palästinenser
zunächst im Rahmen der jordanischen Delegation agierten. Israel konnte seine De-facto-Anerkennung durch
die arabischen Staaten als ersten ernsthaften Erfolg verbuchen. Dennoch zeigte
sich sehr bald, dass die vom Likud dominierte Führung nicht bereit
war, über territoriale Zugeständnisse zu verhandeln. Israel setzte
zunächst seine zum Teil stark kritisierte Siedlungspolitik in den besetzten
Gebieten fort.
1992
Nach den Parlamentswahlen am 23. Juni übernahm die in Avoda umbenannte Israelische
Arbeitspartei die Regierungsverantwortung. Premierminister an der Spitze einer
Mitte-Links-Koalition wurde im Juli I.Rabin (Avoda). Unter dem Leitwort Land
für Frieden beförderte diese Regierung den mit der Nahostfriedenskonferenz
in Gang gebrachten Friedensprozess im Nahostkonflikt (u.a. im Juli 1992 Einschränkung
der israelischen Siedlungstätigkeit in den besetzten Gebieten). Rabin vertrat
die These, Sicherheit sei primär nicht von der Größe des Territoriums,
sondern von der inneren Stabilität der Gesellschaft und der Qualität
der äußeren Beziehungen abhängig. Seine Partei befürchtete
bei dauerhafter Angliederung der besetzten Gebiete an Israel das Entstehen eines
binationalen Staates. Hinzu trat die veränderte Interessenlage der USA im
Nahen Osten.
Substanzielle Annäherungen zwischen den nahöstlichen
Konfliktparteien wurden jedoch nicht in den Washingtoner Gesprächsrunden,
sondern in Geheimverhandlungen zwischen Vertretern der PLO und Israels in Norwegen
erzielt. In Gesprächen bei Oslo konnten verfestigte Stereotype aufgeweicht
und einige Tabus gebrochen werden. Die PLO hatte in Israel bis zu diesem Zeitpunkt
als Terrororganisation gegolten, die die Auslöschung des jüdischen
Staates betreibe und aus den Nahostgesprächen daher ausgeschlossen bleiben
sollte. Nun wurde sie als bilateraler Verhandlungspartner akzeptiert. Für
die PLO-Führung waren offizielle Gespräche mit Israel gleichfalls von
großer Tragweite, bedeuteten sie, nach den Beschlüssen des Palästinensischen
Nationalrates vom November 1988 (Unabhängigkeitserklärung des Staates
Palästina), doch die praktische Anerkennung des jüdischen Nationalstaates
auf einem Teil Palästinas.
1993
Aufhebung des Verbots von Kontakten mit der PLO im Januar.
Mit der gegenseitigen Anerkennung sowie dem Gaza-Jericho-Abkommen (israelisch-palästinensischen
Ausgleich; auch Oslo I genannt) zwischen Israel und der PLO unter Schirmherrschaft
der USA in Washington (September; nach Geheimverhand-lungen in Oslo) erreichten
beide Seiten eine neue Stufe ihrer Beziehungen. Mit der Grundsatzerklärung über
eine Teilautonomie der Palästinenser im Gazastreifen und in der Stadt Jericho
legten beide Seiten die Bereiche fest (Zoll, Steuern, Industrie, Land-wirtschaft
und Tourismus), die den zukünftigen Autonomiegebieten übertragen werden
sollten.
1994
Am 25. Februar tötete der israelische Siedler Baruch
Goldstein in der Haram al-Chalil Moschee in Hebron 29 betende Muslime.
Am 4. Mai erfolgt das Abkommen über die palästinensische
Teilautonomie (Kairoer Abkommen, auch Autonomieteilabkommen genannt).
Am 26. Oktober schlossen Israel und Jordanien einen Friedensvertrag.
Radikale Gegner des Friedensprozesses auf israelischer und arabischer Seite suchten
wiederholt den Friedensprozess zu stören.
Im Verlaufe des Jahres verübten religiös
fanatisierte palästinensische Selbstmordattentäter in Netanya, Ramat
Gan und Jerusalem Terroranschläge, bei denen Dutzende israelische Zivilisten
getötet und über hundert verletzt wurden.
1995
Religiös fanatisierte palästinensische Selbstmordattentäter
verübten in Jerusalem Terroranschläge, bei denen Dutzende israelische
Zivilisten getötet und über hundert verletzt wurden.
Am 4. Mai 1994 wurde das Autonomieabkommen über
Gaza und Jericho abgeschlossen.
Am 29. September wird in Washington das Interimsabkommen
(Taba-Abkommen auch erweitertes Autonomieabkommen bzw. Oslo II genannt) über
die Ausdehnung der palästinensischen Selbstverwaltung im Westjordangebiet
unterzeichnet. Erste praktische Ergebnisse wurden sichtbar, als sich die israelischen
Streitkräfte zusätzlich zu Gaza und Jericho bis Ende Dezember aus sechs
Städten des Westjordanlandes zurückzogen.
Am 26. Oktober wird der Friedensvertrag zwischen Israel
und Jordanien abgeschlossen.
Am 4. November wurde Premierminister Rabin
auf einer Friedenskundgebung in Tel Aviv das Opfer des Mordanschlags eines jüdischen
religiösen Fanatikers. Die Schüsse auf Rabin
vertieften die Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern eines Friedenskompromisses
mit den Palästinensern; sie leiteten auch das Ende der sozialdemokratisch
geführten Regierungskoalition ein. Der bisherige Außenminister S.Peres,
nunmehr im Amt des Ministerpräsidenten, setzte die Politik Rabins fort.
1996
Im Rahmen des Taba-Abkommens wählten die Palästinenser in den palästinensischen
Autonomiegebieten am 20. Januar einen Palästinenserrat (PR; englische
Bezeichnung Palestinian Legislative Council)) und den Präsidenten (Rais)
des Exekutiv-rates des PR (J.Arafat; 88,1% der Stimmen). Im PR stellt Al-Fatah
(neben Unabhängigen) die weitaus meisten Abgeordneten.
Am 29. Mai fanden Wahlen zur 14. Knesset
statt, in denen erstmals der Ministerpräsident in direkter
Wahl bestimmt wurde. Mit Shimon Peres für die Partei
der Arbeit und Benjamin Netanjahu für den Likud standen
nicht nur die Innen-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, sondern
auch die Konzepte beider Parteien zur Weiterführung
des Friedensprozesses zur Abstimmung. Die Entscheidung fiel
zugunsten des Likud-Blocks aus. Damit übernahm
die pragmatische Rechte in Koalition mit religiösen
und rechtsgerichteten Parteien erneut Regierungsverantwortung
in Israel. B.Netanjahu suchte die israelisch-palästinensischen
Vereinbarungen zu modifizieren, brachte jedoch den Friedensprozess
auf einen Tiefpunkt.
1997
Hebron-Abkommen am 15. Januar.
1998
1.Wye-Abkommen am 23.Oktober.
Der Palästinensische Nationalrat streicht endgültig
den Passus über den bewaffneten Kampf gegen Israel aus der PLO-Charta.
Der Staat Israel den 50. Jahrestag seiner Gründung.
Am Ende der Neunzigerjahre zeichnen sich in der israelischen
Gesellschaft überdies Widersprüche auf sozio-ethnischer bzw. national-kultureller
Ebene ab zwischen Juden aus Europa und Amerika und dem orientalischen Zweiten
Israel, zwischen Alteingesessenen und Neueinwanderern (1990 bis 1997 über
800.000 hauptsächlich aus den aus der Sowjetunion hervorgegangenen Staaten)
sowie zwischen jüdischer Bevölkerungsmehrheit und arabisch-palästinensischer
Minderheit. Das ursprüngliche Ziel Israels, Schmelztiegel zu sein,
weicht zunehmend der Realität einer Mosaikgesellschaft. Ein zweites
Spannungsfeld brach in Form des Kulturkampfes zwischen säkularen
Gruppierungen, Interessenlagen und Lebens-haltungen auf der einen und den religiösen,
zum Teil religiös-orthodoxen Tendenzen auf der anderen Seite auf. Zu den
Infragestellungen auf ethnisch-kultureller und weltanschaulicher Ebene gesellt
sich ein tief greifender Wertewandel, der eng mit den generellen Modernisierungstrends
verbunden ist. Nach Meinung traditioneller Kräfte darf Israel kein Staat
wie jeder andere werden. Nicht wenige Intellektuelle dagegen sehen in der Normalisierung
eine Chance für die Zukunft. Die Perspektive Israels wird unabdingbar mit
dem Fortgang der nahöstlichen Konsenssuche verbunden bleiben. War es vor
wenigen Jahren noch unvorstellbar, dass die Mehrheit der arabischen Staaten Israel
völkerrechtlich anerkennt oder dass die PLO und Israel miteinander verhandeln,
so wird dies heute mehrheitlich bereits als Normalität empfunden. Eine Garantie
für Frieden und Prosperität sind die ersten zaghaften Schritte auf
dem Wege zu einem geregelten Miteinander allerdings noch nicht.
1999
Nach den vorgezogenen Wahlen vom 17. Mai übernahm E.Barak (Israelische Arbeitspartei,
im Wahlbündnis Ein Israel) die Regierung. Diese stellte sich zwar die Aufgabe,
den Friedensprozess im Sinn von I.Rabin fortzusetzen.
II. Wye-Abkommen.
In konkreter und oft schleppend vollzogener Umsetzung der Autonomieabkommen erfolgte
der Abbau der israelischen Militär- und Zivilverwaltung und der Rückzug
der israelischen Besatzung in mehreren Stufen in Sicherheitsgebiete bzw.
zu den jüdischen Siedlungen, häufig begleitet und äußerst
erschwert von anhaltendem Terror seitens Hamas bzw. Djihad Islami sowie
Protesten extremistischer jüdischer Siedler. Die Kompetenzen für Polizei,
Verwaltung, Rechtsprechung und in bestimmten Fällen die Gesetzgebung wurde
den Organen der Autonomiebehörde übertragen.
2000
Im Mai erfolgte der vollständige Abzug der israelischen Truppen aus Südlibanon
(ehemalige Sicherheitszone; ohne Friedensabkommen). Israel strebte danach weiterhin
ein Friedensabkommen mit Libanon und Syrien unter eventueller Reaktivierung des
Waffenstillstandsabkommens von 1949 an. Erstmals geführte Verhandlungen über
eine umfassende israelisch-palästinensische Friedensvereinbarung unter Vermittlung
der USA scheiterten im Juli in Camp David. Israel lehnte den von Syrien als Vorbedingung
für die Verhandlungen geforderten und vollständigen Rückzug von
den Golanhöhen weiterhin strikt ab. Auch in der Jerusalem-Frage war Israel
unter Barak zunächst nicht bereit, Konzessionen zu machen.
2001
Ebenso eine letzte Verhandlungsrunde zu einem neuen Rahmenabkommen scheiterte
im Januar in Taba (nach dem Clinton-Plan von Ende 2000; Kernpunkte: souveräner
und lebensfähiger Palästinenserstaat, palästinensische Kontrolle über
die arabischen Teile der ungeteilten Stadt Jerusalem, über den Gaza-Streifen
und 95% des Westjordanlandes, dafür Verzicht der Palästinenser auf
das Rückkehrrecht ihrer inzwischen 3,7 Mio. Flüchtlinge nach Israel).
Überraschend war am 31. Juli nicht S.Peres, sondern
M.Katsav (Likud) zum Nachfolger des zurückgetretenen Staats-präsidenten
E.Weizman gewählt worden.
Versuche Baraks, mit dem Likud unter A.Scharon eine (große)
Koalition der nationalen Einheit einzugehen, misslangen (abgebrochen am
18. Oktober, erneut am 28. November).
Dem demonstrativen Auftreten A.Scharons auf dem Tempelsberg
am 28. September folgten neue palästinensische Unruhen, die erstmals seit
1993 wieder zur blutigen Konfrontation und mit dem weiteren Eskalieren der Gewalt
zum Aussetzen des Osloer Nahostfriedensprozesses führten (zweite Intifada).
Die zweite Intifada forderte bis zum Frühjahr über
430 Todesopfer.
Der Konflikt wird verschärft durch die Aktivitäten
terroristischer Hamas-Gruppen und israelische Antiterrormaßnahmen (Angriffe
israelischer Armeeeinheiten auf palästinensische Autonomiegebiete bzw. zeitweises
Eindringen und vorübergehende Sperrung der Autonomiegebiete zu Israel
nach terroristischen Anschlägen ab März).
Die deutliche Niederlage Baraks bei den Wahlen am 6.2.
führte zur Bildung einer großen Koalition des Likuds mit der
Avoda unter dem Wahlsieger Scharon (März; u.a. mit Peres als Außenminister).
Diese Regierung der nationalen Einheit soll nur noch Vereinbarungen über Übergangsabkommen
mit den Palästinensern, aber nicht mehr ein Abkommen über den Endstatus
der Autonomiegebiete verhandeln. Oberstes Gebot stellt dabei das Sicherheitsinteresse
Israels dar.
Ende März begann Israel wegen der nicht abbrechenden Gewaltanwendung seitens radikaler Palästinenser mit präzisen Angriffen gegen Einrichtungen der palästinensischen Autonomiebehörde (v. a. Polizeistationen) sowie wenige Tage später mit »präventiven Liquidierungen« von mutmaßlichen palästinensischen Terroristen (Höhepunkt: März 2004 gezielte Tötung von Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin). In den folgenden Jahren wurde so aus der 2. Intifada ein asymmetrischer Kleinkrieg: Während radikale Palästinensergruppen, insbesondere die Al-Aksa-Brigaden, Hamas und Djihad Islami (Islamischer Djihad), vorwiegend durch Selbstmordattentate im israelischen Kernland zahlreiche Opfer forderten, aber auch mit Kassem-Raketen jüdische Siedlungen und israelische Städte angriffen, antwortete Israel u. a. mit Militäraktionen sowie wiederholten, manchmal monatelangen Besetzungen fast aller großen Städte in den Autonomiegebieten. So führte der Aufstand zu einer neuerlichen antiisraelischen Feindschaft im arabischen Lager.
Am 5. 5. legte eine auf dem Gipfeltreffen in Scharm-esch-Scheich im Oktober 2000 vereinbarte Kommission unter Leitung des ehemaligen US-Senators G. Mitchell den »Mitchell-Bericht« über die Ursachen der palästinensischen Unruhen vor, der eine Internationalisierung der Intifada vermied, aber die außerordentliche Gewaltanwendung beider Seiten als Grund für die schleichende Eskalation des Konflikts kritisierte. Der Bericht enthält als Empfehlungen einen Dreistufenplan zur Beendigung des Nahostkonflikts (Waffenruhe, Periode vertrauensbildender Maßnahmen, Beginn politischer Verhandlungen). Trotz prinzipieller Zustimmung beider Seiten konnte dieser Plan nicht umgesetzt werden, weil die israelische Regierung erst nach einer mindestens sieben Tage andauernden Waffenruhe zu vertrauensbildenden Maßnahmen bereit war. Damit machte Scharon jeglichen Fortschritt von jenen Palästinensern abhängig, die keinen Frieden wollen. Doch obwohl einige dieser Kräfte (z. B. Djihad Islami oder Hamas) in Opposition zu Arafat standen, beschuldigte Scharon diesen, für die negative Entwicklung verantwortlich zu sein.
Am 13. 12. erklärte Scharon den Drei-Stufen-Plan für »nicht mehr relevant« und verhängte über ihn einen Hausarrest, bis Arafat wenige Tage vor seinem Tod am 11. 11. 2004 nach Paris ausfliegen durfte. Scharons negative Fixierung auf Arafat führte zu einer Solidarisierung der Palästinenser mit ihrem Präsidenten.
2002
Am 25. 2. veröffentlichte der saudische Kronprinz Abdallah einen Friedensplan, dem zufolge Israel sich hinter die Grenzen von 1967 zurückziehen und im Gegenzug von den arabischen Ländern diplomatisch anerkannt werden und Sicherheits-garantien erhalten sollte.
Im März wurde der Abdallah-Plan wurde von der Arabischen Liga angenommen, scheiterte jedoch letztlich an Scharon.
2003
Die »historische« Resolution des UN-Sicherheitsrates vom 13. 3. zur Zwei-Staaten-Vision in Palästina scheiterte letztlich an Scharon.
Am 10./11. 5. präsentierte US-Außenminister Powell der israelischen und der palästinensischen Regierung eine schon im Herbst 2002 vom »Nahost-Quartett« erarbeitete »Roadmap«, in der Umrisse des Weges für die Staatsgründung Palästinas in drei Stufen (ursprünglich geplant bis 2005, jedoch nicht realisiert) beschrieben sind, und forderte beide Seiten auf, diese als Handlungsrichtlinie anzuerkennen.
Am 25. 5., nachdem US-Präsident G. W. Bush den Druck auf Scharon erhöhte, ihm aber gleichzeitig auch eine Garantie für das Existenzrecht Israels zusicherte, konnte der israelische Ministerpräsident im Kabinett eine Annahme der »Roadmap« durchsetzen.
Nach dem Irakkrieg (März/April 2003) kam gewisse Hoffnung auf einen friedenspolitischen Neuanfang auf: Bestärkt durch ihren militärischen Erfolg, später mehr angesichts der schweren Rückschläge bei den Versuchen, im Nachkriegsirak eine Friedensordnung zu schaffen, versuchten die USA, nun endlich den Weg in die Zweistaatlichkeit im ehemaligen Mandatsgebiet Palästina zu ebnen
Am 4. 6. in Akaba Dreiergipfel von Bush, Abbas und Scharon. Die USA versuchten nun endlich den Weg in die Zweistaatlichkeit im ehemaligen Mandatsgebiet Palästina zu ebnen. Doch der von den palästinensischen Extremisten am 29. 6. für drei Monate erklärte Waffenstillstand wurde wegen nur geringer Erfolge in den israelisch-palästinensischen Verhandlungen schon nach sechs Wochen gebrochen, und Israel begann erneut mit der präventiven Tötung mut-maßlicher Terroristen.
Anfang September erklärte Arafat die »Roadmap« sogar für gescheitert. Es zeigte sich erneut, wie schwer es ist, das Grunddefizit an Vertrauen zwischen den Konfliktparteien und den Grunddissens über die Kernfragen zu überwinden.
Ab Spätsommer immer wieder eskalierende Gewalt durch palästinensische Selbstmordattentate mit anschließenden Vergeltungsmaßnahmen durch Israel.
Im Herbst legten gemäßigte israelische und palästinensische Politiker in Genf ein Friedensabkommen vor, das detailliert aufzeigt, wie eine zweistaatliche Zukunft im Nahen Osten aussehen könnte. Obwohl diese »Genfer Initiative« international sehr viel Anerkennung fand, wurde sie von der israelischen Regierung abgelehnt.
2004
Immer wieder eskalierende Gewalt durch palästinensische Selbstmordattentate mit anschließenden Vergeltungs-maßnahmen durch Israel.
11.11. Arafats Tod.
2005
Im Januar Wahl von M. Abbas zum Nachfolgerals von Arafat als palästinensischer Präsident.
Seit Januar verfolgte die neue israelische Regierungskoalition unter Beteiligung der Arbeitspartei von S. Peres das einseitig erklärte Ziel der vollständigen Räumung des Gazastreifens weiter.
Im Februar vereinbaren die israelische Regierungskoalition und der neue palästinensiche Präsident einen Waffenstillstand. Auf vereinzelte Brüche des Waffenstillstandes durch Palästinenser reagierte Israel zurückhaltend.
Im Mai bekräftigte US-Präsident G. W. Bush beim Treffen mit Abbas abermals seine Unterstützung für die Bildung eines Staates Palästina.
Der im August durchgeführte Abzug Isreals aus dem Gazastreifen und die Übergabe der geräumten Siedlungen an die Autonomiebehörde verliefen planmäßig (offizielle Übergabe: 12. 9.). Allerdings setzte bald danach die Gewalt wieder ein, als aus dem Gazastreifen heraus Kassem-Raketen auf Israel geschossen wurden und Israel darauf mit Luftangriffen, gezielten Tötungen und der Schaffung einer Sicherheitszone am Nordrand des Gazastreifens reagierte.
2006
Im Sommer neuerliche Verhärtung des Konfliktes und Zweifrontenkrieg.
Anfang Januar: Gesundheitsbedingtes Ausscheiden Scharons aus der Politik. Nachfolger: E. Olmert.
März: Wahl des neuen einen neuen Ministerpräsidenten der Palästinenser I. Hanija .
25. 1.: Sieg der Hamas bei den Wahlen in den palästinensischen Autonomiegebieten.
28. 3.: Wahlen zur Knesset, aus denen zwar Kadima als stärkste Kraft, jedoch nur in einer Mehrparteienkoalition regierungsfähig hervorging.
17. 4.: Selbstmordanschlag des Djihad Islami in Tel Aviv, der von dem neuen palästinensischen Hamas-Regierung unter Ministerpräsident I. Hanija als Akt der Selbstverteidigung gerechtfertigt wurde. Danach verweigerte Israel den Palästinensern vertraglich zustehende Zoll- und Steuereinnahmen. Auch die westlichen Staaten hatten vorübergend ihre finanzielle Unterstützung der Autonomieverwaltung eingestellt.
Juli: Hamas-Aktivisten entführten einen israelischen Soldaten im Gazastreifen. Israel reagierte mit einer umfangreiche Militäroperation gegen die Hamas. Daraufhin stellten Abbas und Hanija ihren Machtkampf vorübergehend ein und einigten sich auf ein »Dokument der nationalen Versöhnung«, das u. a. vorsah, den künftigen Staat Palästina nur auf dem Territorium zu errichten, das im Juni 1967 von Israel erobert wurde.
Juli: Ein Kommando der schiitischen Hisbollah-MilizMit entführte zwei weitere israelischer Soldaten in den Libanon; die Hamas sollte so bei ihren Kämpfen gegen Israel durch den Aufbau einer zweiten Front unterstützt werden. Da der Norden Israels schon vorher von Katjuscha-Raketen der Hisbollah getroffen wurde und Libanon der UN-Forderung (Resolution 1559 von 2004) nach Entwaffnung der Hisbollah-Milizen bisher nicht nachgekommen war, reagierte Israel sofort mit Luft- und Bodenoffensiven sowie einer Seeblockade. Dieser zweite Libanon- oder 34-Tage-Krieg forderte 1360 Todesopfer (1200 auf libanesischer sowie 160 auf israelischer Seite).
11. 8.: Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates, die zur Einstellung der Kämpfe zum 14.8. führte, und zur Aufgestockung der UNIFIL-Truppen von 2000 auf 15.000 Mann.
Am 13. 9. beschloss die deutsche Bundesregierung zur Unterstützung der Libanonmission der UN den ersten bewaffneten Einsatz deutscher Soldaten im Nahen Osten.
2006/2007
Nach blutigem und sich bürgerkriegsähnlich verschärfendem Machtkampf zwischen Hamas- und Al-Fatah-Milizen sowie der völligen Übernahme der Herrschaftsgewalt durch die Hamas im Gazastreifen im Juni 2007 wurde die politische und die territoriale Spaltung der Palästinenser offenbar; in der Folge zeigte sich für die Regelungsbemühungen im Nahostkonflikt eine neue Ausgangslage. Beidseits neue Strategien erscheinen notwendig. Die USA und Israel verstärkten ihre Bemühungen zur Isolierung der radikalislamischen Hamas und zur Unterstützung der Fatah unter Abbas im Westjordanland.
2007
Ende 2007 kam es in der Nahostkonferenz von Annapolis seitens Israels und des palästinensischen Präsidenten Abbas zu neuen Dialogbemühungen. Ziel ist ein Endstatusabkommen und damit die Implementierung der Zweistaatenlösung bis Ende 2008.
2008
Am 14. 1. begannen unter Leitung der israelischen Außenministerin Tsipi Livni und des früheren palästinensischen Ministerpräsidenten A. Qurei wieder Verhandlungen über die offenen Kernfragen. Dabei geht es auch um konkrete Vereinbarungen zum Grenzverlauf, zur Sicherheit und zur Verteilung der knappen Wasserressourcen in der geostrategisch bedeutsamen Region.
27. 2. bis 3. 3.: Fünftägige Militäraktion Israels im Gazastreifen, die der Bekämpfung der fortgesetzten Raketenangriffe auf israelische Grenzstädte seitens radikaler Palästinenser und der Schwächung der Hamas dienen sollte. Daraufhin setzte Abbas aufgrund der über 100 Todesopfer der israelischen Militäroffensive die Friedensgespräche seitens der Palästinenser aus.
Recherche:Eckhard Block
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